Es ist das Jahr 1966. Ich bin zehn Jahre alt,
als Deutschland im Viertelfinale gegen Uruguay spielt. Die Uruguayer spielen
mit aller Härte. Mein Vater regt sich schrecklich auf. Ich halte es im
Wohnzimmer nicht mehr aus, laufe in den Garten und setze mich auf die Schaukel. Über alle Grundstücke hinweg höre ich einen Nachbarn
brüllen: „Raus! Raus ihr Schweine!“ Zwei uruguayische Spieler werden vom Platz
verwiesen. Deutschland gewinnt 4:0.
Es ist das Jahr 1974. Ich bin mit meiner
Klasse – die 12. Klasse eines Mädchengymnasiums - auf Klassenfahrt in Holland. Am
Tag der Weltmeisterschaft geht es nach Hause zurück. Mein Klassenlehrer
drängelt. Er will das Spiel unter allen Umständen in Deutschland sehen. In
einer kleinen Kneipe hinter der Grenze halten wir an und drängen uns in den
sowieso schon viel zu vollen Raum zwischen all die Gäste. Die Männer sind
angesichts dieser vielen Mädchen in der Unterzahl und halten sich mit dem
Fluchen zurück. Deutschland gewinnt 2:1.
Es ist das Jahr 1994. Deutschland spielt im
Viertelfinale gegen Bulgarien. Wir haben Sommerferien und sind in Frankreich
auf einem Campingplatz. Alexander drängt mich, mit ihm eine kleine Kneipe zu
gehen, um das Spiel anzuschauen. Zuerst verspreche ich es ihm, dann aber
bemerke ich einen unglaublichen Deutschhass in der Kneipe. Ich zögere. Als die
Bulgaren ein Tor schießen, liegen sich die Franzosen in den Armen, als
Deutschland ein Tor schießt, fluchen sie böse. Ich traue mich nicht hinein.
Alex schaut das Spiel durch die Fensterscheibe. Deutschland verliert 1:2, und
er wischt sich verstohlen die Tränen aus den Augenwinkeln. Ich bin traurig,
dass ich ihn allein gelassen habe.
Es ist das Jahr 2006. Deutschland spielt
gegen Argentinien und steht im Viertelfinale. Ich habe ein Seminar in Osnabrück
und bin auf dem Weg dahin. Im Radio höre ich das Spiel an. Die Straßen sind so
frei wie nie zuvor. Das Spiel ist unendlich spannend und endet mit einem
Elfmeter-Krimi 4:2. Als ich in Osnabrück
ankomme, ist auch das Spiel zu Ende. Ich fahre im unfreiwilligen Autokorso
hupend durch die Innenstadt.
Erinnert ihr euch noch, wann ihr wo zu
welchen Spielen ward?
Foto: Public Viewing in Brasilien
Als Nichtfussballfan sind meine Erinnerungen an Fussball WM-Spiele bescheidener Natur, zumal unsere Jungs nicht regelmässig mit von der Partie waren.
AntwortenLöschenDennoch erinnere ich mich - allerdings nicht so weit zurück wie du - an die eine oder andere Partie.
Wir waren 2006 mit dem Wohnmobil in Norwegen unterwegs und mein Mann wollte sich die Spiele mit Schweizer Beteiligung anschauen. Das war nicht immer ganz einfach, so hoch im Norden einen geeigneten Übernachtungsplatz zu finden, an dem nicht irgendwo am Horizont doch noch ein Baum im Weg stand, der den Satelliten-TV-Empfang beeinträchtigt hätte. Da die Schweizer nicht über die Vorrunde hinaus kamen, wurde unsere Reise nur kurzzeitig beeinträchtigt. ;-)
Ich finde es das größte Problem an der WM, dass sie immer in der Sommerurlaubszeit stattfinden.
LöschenDanke für deine Erinnerung. Dafür sind die Schweizer ja diesmal ganz vorne mit dabei!