An den Zugriffen zu
den einzelnen Posts sehe ich, wie euch die Jugendlichen interessieren, die
hinter den Biografien stehen. So will ich heute von dem Mädchen erzählen, das
sich Jenny Federson nennt.
Eines Nachmittags
klingelte mein Telefon, und ein Jugendlicher rief an, von dem ich schon eine
Zeitlang nichts mehr gehört hatte. Ich war überrascht und freute mich.
„Du suchst doch immer
Jugendliche, die ihre Lebensgeschichte aufschreiben wollen“, begann er. „Hier habe ich eine für dich.“
Dann reichte er den
Hörer weiter. Jetzt hatte ich plötzlich ein junges Mädchen am Apparat. Eine
Weile druckste sie herum, erzählte von ihrem schweren Leben, den plötzlichen und
frühen Tod der Mutter, ihrer Suche nach Halt.
Ich hörte zu, spürte
die Aufregung in ihrer Stimme und hatte das Gefühl, da ist noch etwas, das sie
erzählen möchte, aber nicht weiß, wie sie es machen soll.
Und dann kam es.
Die Beziehung zu ihrem damaligen Freund wurde immer chaotischer, beide
verschuldeten sich. Da beschloss Jenny schließlich, in einer Nachtbar zu
arbeiten. Zuletzt landete sie in einem Bordell und verkaufte dort ihren Körper an
fremde Männer.
„Das würde natürlich
eine spannende Geschichte werden. Aber würdest du es wagen, darüber zu
schreiben?“, fragte ich sie.
Jenny zögerte. „Ich
denke noch einmal darüber nach“, erwiderte sie.
Dann aber sagte sie
zu und stürzte sich voller Freude in die Arbeit. Wir trafen uns immer in ihrer
kleinen Wohnung, saßen gemeinsam am Schreibtisch vor dem PC. Jenny schrieb, ich
schaute zu. Hin und wieder fragte ich nach, forderte sie auf, genauer zu
beschreiben.
Für mich war das ein
Eintauchen in eine fremde Welt. Noch niemals war ich in einem Bordell gewesen.
Noch niemals hatte ich mich mit einer Prostituierten unterhalten. Nun erfuhr
ich ganz viel.
Als das Buch fertig
war, war Jenny sogar bereit, an einer Fernseh- und an einer Radiosendung mitzuwirken.
Die Arbeit an dem Buch hat ihr gut getan.
„Ich bin jetzt
einfach nicht mehr so traurig“, sagte sie oft.
Immer noch sind wir
in Kontakt. Jenny lebt in einer neuen Beziehung und das hört sich richtig gut
an.
(Foto: Bei Fernsehaufnahmen von RTL 2)