Samstag, 29. September 2012

Sommer der Entscheidung



Sommer 2001. Sommerferien. Wir sind mit dem Wohnmobil in Spanien angekommen. Die Sonne versinkt rot im Mittelmeer,  der Campingplatz ist toll, sechs Wochen Freizeit stehen an. Aber ich kann mich nicht entspannen.
Ein stressiges Schuljahr liegt hinter mir.
Unsere Schule war ausgesucht worden, die Arbeitszeiten der Lehrer zu überprüfen. Arbeitspläne einreichen, tägliche Tabellen ausfüllen, sogar die Arbeitszeit mit der Stechuhr messen.  Viel Schreibarbeit und viel Streit hatte das im Kollegium ausgelöst.
Dann wurden zwei Planstellen gestrichen und zwei Kollegen mussten die Schule verlassen. Wieder brachte es Unruhen, Streit und Tränen mit sich.
Zuletzt hatte ich noch einen hässlichen Streit mit querulantischen Eltern auszustehen, bei der mir deutlich bewusst wurde, wie schnell wir Lehrer von der Schulleitung allein gelassen werden, wenn es unangenehm wird.
Die Zukunft sah unpädagogisch aus. Vergleichsarbeiten standen an. Welcher Pädagoge hatte sich so etwas ausgedacht?
Ich sitze am Meer und grübele und grübele. Mein Kopf will einfach keine Ruhe finden. Mir ist klar, dass ich die Sommerferien vergessen kann, wenn ich nicht abschalten kann. 
Ich erinnere mich an eine Methode aus der Kindertherapie. Schreibe meine Sorgen auf einen Zettel. Baue ein Papierschiffchen daraus. Gehe an den Strand und lasse es im Wasser schwimmen. Es wird von den Wellen überschwemmt. Aufgeweicht. Versinkt langsam vor meinen Augen.
Als ich zum Campingplatz zurück kehre, fliegt mir die Entscheidung zu: Ich werde mit der Schule aufhören. Nur für ein Jahr. Probeweise.
Nach dieser Entscheidung kann ich tatsächlich im Urlaub entspannen.
Nach dieser Entscheidung blieb ich noch ein Jahr lang in der Schule und führte mein 4. Schuljahr zum Abschluss. Dann reichte ich Urlaub ein.
Daraus sind nun zehn Jahre geworden. Meine Entscheidung habe ich nicht bereut. 

(Foto: Bahia, Brasilien) 


      

Freitag, 28. September 2012

Bürgernah




Sicherlich habt ihr auch mit Entsetzen gelesen, dass ein Arbeitsloser eine junge Angestellte eines Jobcenters erstochen hat. Der Mann hatte sich eingebildet, das Jobcenter hätte seine Adresse verkauft, und so wollte er sich an jemandem rächen. Die Frau, die er erstach, war ein Zufallsopfer. Sie war so überrascht, dass sie nicht mal den Alarmknopf drücken konnte.
Selbst wenn man ignorant ist, kann man nicht daran vorbei sehen, dass solche Gewalttaten zunehmen. In den Köpfen der Täter hat sich irgendein abstruser Gedanke breit gemacht, und dann begehen sie eine Tat, die man weder erklären noch nachvollziehen kann.
Amokläufe in Schulen sind ja noch eine Nachricht wert, aber dass Querulanten in Gerichten und Jobcentern herum laufen dürfen, dass Arbeitsvermittler bedroht oder Juristen belästigt werden, war bis jetzt kaum eine Zeitungsnotiz wert. Bei Polizisten ist es ja sowieso Alltag…
Im Ruhrgebiet kehren einige Schulen wieder dazu, Nebeneingänge zu schließen und einen Pförtner einzustellen. In einigen Gerichten werden Ausweiskontrollen eingeführt und Alarmanlagen installiert. Aber das ist eher die Ausnahme.
Es gehört eben offenbar in einigen Berufen dazu, dass man bedroht und belästigt wird. Pech gehabt, wenn man gerade den Job gewählt hat. 
Die Bürgernähe – so die Regierung - solle doch erhalten bleiben.
Und so werden wohl noch ein paar Köpfe rollen müssen.
Naja, solange es nicht die eigenen sind…

(Foto: Petit Noire-Doubs, Frankreich)


Donnerstag, 27. September 2012

Spammails



Wir haben einen guten Spamfilter. Und doch erwischen sie mich immer mal wieder. Vor allem die, die einen brauchbaren Absender haben, wie zum Beispiel Michael Müller oder Cecila Lärchengesang. Wutsch, haben sie mich erreicht und können über Potenzpillen oder Traumfiguren werben.
Neuerdings erwischen mich auch Mails, die eine Firma in der Adresse haben. Eine Firma, die echt existiert. Wie Canon zum Beispiel.
„Sie haben Ihre Rechnung vom 27.6. 2012 noch nicht beglichen. Der Betrag beläuft sich auf 578,- €. Außerdem berechnen wir Ihnen eine Mahngebühr von 12,- €.“
Und dann folgt eine Rechnungsnummer mit genauen Angaben. Außerdem kann ich mir die Rechnung im Attachment anschauen.
Attachment? Da bin ich immer vorsichtig. Und ich erkenne gleich eine Zipp-Datei und werde noch vorsichtiger.
Immerhin, vielleicht hat mein Mann was bei Canon eingekauft. Ich beschließe, ihn abends zu fragen.
Ist aber nicht nötig, denn ein paar Stunden später kommt eine andere Rechnung. Diesmal eine Firma, bei der ich garantiert noch nie etwas gekauft habe. Die Rechnung ist hoch, die Mahngebühr gesalzen. Und wieder hängt eine Zipp-Datei an.
Ich lösche beide Dateien.
Gestern erwischte mich der Härtefall. Vodafone – angeblich. Sie buchten meine Telefonrechnung über 95 € und ein paar Zerquetschte vom Konto ab. Vodafone? Bei denen bin ich gar nicht Kunde.
Eine PDF hängt an, die sich nicht öffnen lässt. Ich kann aber auf einen Link klicken, um Kontakt aufzunehmen. Vorsichtshalber schaue ich im Internet nach. Da gibt es genügend Hinweise auf diese Mail. Sie ist auch ein Spam.
Oh Mann … Wutattacke. Ich würde so gerne mal eine Mailbombe basteln und zurück schicken. Aber ich kann`s nicht.
Und dann ist da ja auch meine gute Erziehung… 

(Foto: Lübeck am Holstentor) 


Dienstag, 25. September 2012

Premiere in Crawinkel


 

Heute Morgen war ich echt aufgeregt. Die Schüler der Regelschule Crawinkel hatten sich nämlich meinen neusten und noch gar nicht erschienenen Roman „Das erste Mal – wird`s heut passieren?“ für die Lesung gewünscht. Den habe ich bis jetzt nur als Druckvorlage vorliegen.
Als die Neunt- und Zehntklässler in den Raum kamen, in dem die Lesung stattfand und so bunt und flippig, aber auch so erwachsen aussahen, war ich richtig unsicher, ob ihnen das Buch gefallen würde.
Ich hatte verschiedene Ausschnitte aus dem Buch heraus gesucht und setzte mich mit meiner Loseblattsammlung ans Pult. Eigentlich lese ich im Stehen, aber mit dem Manuskript saß es sich sicherer so. Und überhaupt, ich war eben ziemlich hektisch…
Aber die Schüler waren einfach klasse. Das Thema interessierte sie sehr, und sie hörten mit wachen Gesichtern zu, lachten oft und zeigten viel Mitgefühl mit den Protagonisten Stella und Marcel.
Zwischendurch wurde die Tür geöffnet und zwei Erwachsene – ein Mann und eine Frau von Radio Lotte – gesellten sich zu der Lesung. Das irritierte uns alle zunächst bei diesem intimen Thema, die beiden integrierten sich aber so liebenswürdig, lachten und lauschten, dass sie sofort dazu gehörten.
Die anschließende Rückmeldung war vorsichtig und schüchtern, aber unbedingt positiv. Darüber war ich total glücklich. 


Zuletzt fanden sich noch verschiedene Schüler mit schönen Geschichten zu einer Schreibwerkstatt ein. 

 

Danke auch an Frau Lasse, die alles so gut organisiert hat und mich so lieb betreute.