„Störe ich?“, fragt
sie.
Ich freue mich sehr, dass
sie anruft.
„Wie geht es dir?“,
frage ich.
Sie erzählt ein
bisschen. Ihre Stimme klingt als wenn sie einen Berg hinauf joggt.
„Bist du unterwegs?“,
frage ich.
„Ja, mit Hund“, sagt
sie. „Und ich bin sauer. So sauer. Ich stapfe so wütend vor mich hin, dass ich kaum
Luft kriege.“
Ich warte.
„Ich weiß gar nicht,
wie es weitergeht“, sagt sie. „Jeden Tag was anderes. Rund um uns macht schon
wieder alles dicht. Wer weiß, was in vierzehn Tagen ist.“
„Sie schreien Black Lives
matter und machen Hexenjagd auf die aus Gütersloh und Warendorf“, sage ich.
„Ich gehe immer noch
auf die Demos“, sagt sie. „Zweimal die Woche. Und im August sind wir in Berlin
ganz groß. Da gehe ich auch hin.“
„Ich verstehe dich“,
sage ich.
„Ich mache jedenfalls
keinen Test“, sagt sie. „Und impfen lassen wir uns erst recht nicht.“
„Ich mich auch nicht“,
sage ich.
„Du hast es gut“, sagt
sie. „Du lebst da auf deiner Insel und erschaffst dir deine Protas selbst.“
„Ganz so ist es nicht“,
sage ich. „Ich lese morgens auch die Überschrift der Bildzeitung, während ich
die Brötchen verkaufe.“
Sie lacht.
„85 % aller Infizierten
haben Corona nicht bemerkt. Wurde die Virus-Gefahr überschätzt?, lautet sie
heute“, zitiere ich.
Ihr Lachen klingt
entspannter. „Allmählich wird mir die Zeitung sympathischer als die ARD oder
der Spiegel“, sagt sie.
„Ich habe mir auch
schon überlegt, ob ich sie abonnieren soll“, sage ich.
Jetzt lachen wir beide.
„Was ich sagen will“,
sagt sie. „Wir würden alle gerne ein bisschen zu euch rauskommen. Aber ich weiß
nicht, ob es klappt.“
„Wir haben Platz für
euch“, sage ich. „Kommt, wann immer ihr wollt.“
„Das klingt gut“, sagt
sie.
Das Wasser ist wild, die
Wellen schaukeln sich hoch. Es ist die Zeit,
in der jeder ein bisschen Insel braucht.