Montag, 28. September 2020

Das Mädchen ohne Maske

 



Heute habe ich einen Gastbeitrag  in meinem Blog. Die 13 jährige Lu ist die einzige Schülerin eines großen Gymnasiums, die keine Maske trägt.    
 

Meine Alltagsmaske

Unter 1300 Schülern die einzige zu sein, die keine Maske trägt, war in den letzten Wochen nicht sehr angenehm für mich: Deswegen habe ich mir zur Alltagsmaske gemacht, einfach so zu tun, als wäre alles gut. 
Manchmal werde ich im Bus fotografiert, manchmal ernte ich hasserfüllte Blicke. Das lässt mich nicht kalt. Dennoch habe ich gelernt, mit meiner freien Nase hocherhoben aufs Schulgelände zu laufen und zu versuchen, viele noch so dumme Fragen zum Thema Sinn der Masken zu stellen.
Bei meiner Geschichtslehrerin spüre ich den unterschwelligen Hass sehr deutlich. Sie kommt gerne ein bisschen früher in die Klasse, um meine Freunde von mir zu trennen. 
„Geht an die frische Luft“, sagt sie dann, woraufhin ich einfach sage: „Frische Luft? Mit der Maske?“ „Natürlich mit der Maske“ sagt sie spitz.
Dann gehen die meisten Schüler mit Maske auf den Schulhof. Ich muss im Klassenraum bleiben, weil ich keine Maske trage.  Meine Freunde aber bleiben bei mir. Das ärgert die Geschichtslehrerin.  Im Unterricht spüre ich deutlich, wie sauer sie auf mich ist. Man muss dazu wissen: Ich melde mich wenig, doch wenn ich mich mal melde, schaut sie mich an und nimmt denjenigen dran, der schon sieben Mal etwas gesagt hat. Ich weiß nicht, ob sie das extra macht, aber dass sie mich noch mochte, als ich dort mit Maske gehockt habe, weiß ich definitiv.
Sie benutzt gerne eine Technik, um mir ein schlechtes Gewissen zu machen ist: „Der Virus ist sehr gefährlich und die Maske eine sinnvolle Schutzmaßnahme“, sagt sie.  Dann folgt ein strenger Seitenblick zu meinem Fensterplatz, an dem ich sitze, damit meine Aerosole das Fenster hinaus trudeln.
Zum Glück habe ich mich daran gewöhnt die vermeintliche Mörderin der Schule geworden zu sein. Am ersten Tag hatte ich Angst zu sagen, dass ich ein Attest habe. Heute hoffe ich darauf, dass Menschen nachdenken, wenn sie mich sehen.
Verrückt ist, alle denken ich wäre so ignorant, dass ich nicht bemerken würde, dass ich die einzige im Laden ohne „Schutzmaske“ bin. Meistens fragen sie dann: „Wo ist denn Ihre Maske?“ und ziehen mit Daumen und Zeigefinger zu einer eckigen Klammer geformt die Silhouette eines Mund-Nasenschutzes vor ihrem Gesicht nach. Mittlerweile habe ich mir angewöhnt zu sagen: „Hallo, genau ich bin von der Maskenpflicht befreit, ich habe auch ein Attest, das muss ich aber eigentlich nicht vorzeigen, aber gut…“ 
Wohlwollend lächelnd ziehe ich dann mein leicht angerissenes Attest aus der Tasche. Manche studieren es eingehend, manche machen eine wegwerfende Handbewegung und lassen mich gehen.
Ich habe immer darauf geachtet nicht zu sehr aufzufallen, aber jetzt kann ich gar nichts mehr dagegen tun. Ich falle einfach auf, weil ich ganz normal aussehe.
Das ist anstrengend, und ich muss immer wieder Position beziehen. Ich weiß nicht, ob ich mich jetzt negativ verändere, da ich den Lehrern freche Antworten gebe. Ohne groß darüber nachzudenken, habe ich mich selber zur Schulrebellin gemacht und das nur, weil ich einen Zettel  habe wo drauf steht, dass ich keinen Lappen vor meinem halben Gesicht haben kann. Ich bin froh, dass meine Freunde zu mir halten und dass ich gelernt habe, mich ein wenig daran zu erfreuen, frech zu sein. Oft bin ich überrascht, dass ich das kann, wo ich doch eigentlich eher still bin. 
Ich denke aber auf jeden Fall, dass mich dieses Anderssein mutiger und auch selbstbewusster gemacht hat, hoffe aber auch, dass mein freies Gesicht bald keinem mehr auffällt, weil alle wieder ihr Gesicht zeigen dürfen.

 Lu

Samstag, 26. September 2020

Ein Blick über die Weser



Wie oft habe ich in diesem Sommer die Sprüche gehört: Ach, eigentlich wären wir ja jetzt in Kroatien (Alternative: Spanien/Italien…) … und dann nach einem tiefen Seufzer: *Aber Deutschland hat ja auch so schöne Ecken.

Hat es ja auch. Ich finde unser Land tatsächlich sehr schön und vor allem vielfältig, aber noch viel lieber fühle auch ich mich frei, selbst zu entscheiden, wo ich hinfahren möchte. Jetzt zum Beispiel wäre ich eigentlich in Kuba – leider wurde die Reise abgesagt. Aber Deutschland hat ja auch… (siehe *)

An diesem Wochenende gab es einen Ausflug in die Umgebung von Minden zu einem kleinen schönen Klassentreffen. (Liebe Ulla, viele Grüße noch mal an dieser Stelle!) Da ich meine Kindheit in Minden verbracht habe, bekomme ich schon beim Anblick der Porta Herzklopfen.

Diesmal hatte mein Navi die Dreistigkeit, mich auf eine andere Umgehungsstraße zu leiten, sodass mir beinahe der Anblick verwehrt worden wäre. Ich habe dann aber extra noch einen Schlenker gemacht.

Das Bild ist ein echtes Postkartenfoto, oder?

Für alle, die es nicht kennen: Porta Westfalica an der Weser auf dem Kammzug des Wiehengebirges, ein beliebter Sonntagsnachmittagsausflug meiner Eltern … und seufzender Weise auch mir und meinen Schwestern, aber vielleicht gerade darum in so nachhaltige Erinnerung.

Dienstag, 22. September 2020

Filmdebut

 

Wieder fällt eine Buchmesse zu Ungunsten einer Online-Buchmesse aus. Als wenn wir nicht alle schon viel zu lange vor dem Computer abhängen.

Diesmal ist es der Südpol-Verlag, der mich bittet, bei der Online-Vorstellung meines Pferdebuches mitzumachen. Klar bin ich dabei … leider bin ich nur in Sachen Video und Video-Schnitt eine absolute Nullnummer. Das fängt schon damit an, dass ich gar kein Stativ besitze, geht weiter damit, dass ich immer wieder vergesse, wie man ein Video dreht und endet damit, dass ich dieses Video auch noch schneiden muss.
Ich gucke mich durch die Youtube-Tutorials mit all diesen Erklär-Bären, lade mir schließlich eine App runter, die irgendwie erscheint und gerate dann nach vielen ungeschickten Versuchen an ein erträgliches Video, sogar mit Text, Ton und Überleitungen.
Zuletzt muss ich es dann auch noch per We-Trasfer abschicken, doch das ist nach der Digitalerfahrung nur noch ein Kinderspiel.

Wenn es online geht, lasse ich euch einen Link da.




Dienstag, 15. September 2020

Jenseits der Digitalisierung



Ich habe mir immer vorgenommen, nicht zu sagen, dass früher alles besser war. Manchmal aber … so ganz ganz manchmal … denke ich verzückt an das Leben zurück, als es noch Karteikarten gab, auf denen man sein Leben ordnete. Dieses digitale Leben treibt mich an vielen Stellen meines Lebens schlichtweg in die Verzweiflung.

Da ist zum Beispiel die Uhr an meinem Backofen. Sie funktioniert immer dann nicht mehr, wenn mal für eine Sekunde – und das scheint einmal im Monat vorzukommen – der Strom ausfällt. Eigentlich ist das ja überhaupt kein Problem. Wozu braucht man so eine bescheuerte Backofenuhr? Ich bin eh meistens zeitlos glücklich, und wenn ich doch mal eine Uhrzeit brauche, habe ich mein Handy.

Das Schlimme ist nur, dass diese blöde Backofenuhr an meinen Backofen gekoppelt ist, weil sich irgendein digitalgläubiger Ingenieur einbildete, ich würde so viel Vertrauen in seine bescheuerte Technik haben, dass ich mir mein Essen mit dieser Uhr programmiere. Darum ist es nur möglich, den Backofen zu benutzen, wenn die Uhr wieder läuft. Doch genau das bekomme ich nun seit zwei Tagen nicht hin – auch nicht mit Hilfe von Youtube-Tutorials. Das Problem ist nämlich leider auch, dass die kleinen Gummitasten wegen Nichtbenutzens völlig verklebt sind.

Bleibt mir da wirklich nur der Weg, einen Elektriker zu rufen? Wie sieht das denn aus?
Schrecklicher Weise fallen mir im Moment zum Kochen immer nur leckere Sachen ein, für die man den Backofen braucht… 

Samstag, 12. September 2020

Kulturschock

 

Vier Monate Bandenburg, und ich stehe unter Kulturschock, als ich durch die Straßen NRWs fahre. Es gibt hier so viele Autos, und sie fahren hin und her, halten an roten Ampeln, suchen Parklücken. Dazwischen Busse, richtig große Doppelbusse in quietschgrün, die mir entgegen kommen, sich dick und raumgreifend an mir vorbeischlängeln. Dazwischen laufen Menschen durch die Straßen, huschen sogar über die Fahrbahn, echte Menschen, freilaufend mit zwei Beinen und winkenden Armen.

Und nein, ich bin weder in Köln, noch in Dortmund, ich bin in Bad Lippspringe. Und doch bilde ich mir ein, schon lange nicht mehr so viele Menschen, Autos und Busse auf einmal gesehen zu haben.

Aber es holt mich auch diese Krankheit wieder ein, diese „lebensgefährliche Pandemie“, die in einer zweiten Welle auf uns lauern könnte. Während man in Brandenburg schon ein ganzes Stück wieder zur Normalität zurück gekehrt war, sehe ich nun diese Busse mit Maskenmenschen, die einen apokalyptischen Eindruck machen. Masken, soweit das Auge reicht, in Geschäften natürlich, aber auch beim Bummel durch die Fußgängerzone, sogar wenn die Menschen allein sind oder auf dem Fahrrad sitzen. Sie scheinen nicht mehr wahrzunehmen, ob sie frei atmen oder die Luft durch ein Tuch wahrnehmen. Das finde ich wirklich unheimlich!  

Montag, 7. September 2020

Rückblick auf die Sommerzeit



Diejenigen von euch, die diesen Blog schon länger lesen, wissen sicherlich, dass ich im Sommer auf dem Campingplatz meines Sohnes mithelfe. Ihr wisst ja, Familienmitglieder sind immer die zuverlässigste und auch die preiswerteste Unterstützung, die man sich denken kann. Und hier auf dem Campingplatz wurde jede Hilfe dringend gebraucht.

Nach dem Lockdown über Ostern standen wir alle noch erschüttert und geschockt vor dem Telefon, in dem eine Urlaubsstornierung die nächste ablöste.

Dann aber wurde der Urlaub auf Campingplätzen wieder gestattet, sogar sehr propagiert, und danach brach bei uns die Arbeit so schnell los, dass wir kaum aus den Augen gucken konnten. Sozusagen von null auf hundert.  An Personal fehlte es natürlich an allen Ecken.

So war ich voll in die Arbeit integriert. Morgens Brötchenverkauf, anschließend Gästeshuttle, dann die Kreativwerkstatt für Kinder leiten. Ich war so eingespannt, dass ich mir die Schreibzeiten mühsam freihalten musste.

Aber Spaß hat es auch gemacht. Besonders die Kreativwerkstatt fand großen Anklang, und ich hatte so viele kreative Kinder zu Gast, wie schon lange nicht mehr.

Da wir unser Abendprogramm auf dem Campingplatz ganz zurückgefahren hatten und Bands und DJs abgesagt hatte, stemmten wir ein schönes Unterhaltungsprogramm aus eigenen Kräften.

Ich bot einmal in der Woche eine Sagenwanderung für die Gäste an, ging mit Kindern und Erwachsenen durch den Wald und erzählte ihnen einige Sagen des Spreewaldes. Die Wanderung endete am See in Groß Leuthen, wo wir uns mit Schnitzmessern, Holz, Farbe und Wackelaugen niederließen, um die Sagengestalt des „Lutki“ zu schnitzen.

Tolle Gestalten sind dabei entstanden.

Für mich war es eine schöne Möglichkeit, meine verschiedenen Berufe als Kunstlehrerin, Autorin und Gästebetreuerin unter einen Hut zu bringen.


Sonntag, 6. September 2020

Wieder da



Immer wenn ich meinen Blog für eine lange Zeit unterbreche, schiebe ich den Neuanfang vor mir her und es beschäftigt mich die Frage, mit dem Blogschreiben aufzuhören.  Mein Blog ist mittlerweile 10 Jahre alt, alles was ich sagen wollte, ist gesagt, und  in dieser schwierigen Zeit, in der immer mehr Menschen ihre Gesichter ängstlich hinter Tücher stecken, fehlen mir sowieso die Worte. Ich fühle mich ein wenig müde, Nachwirkungen der anstrengenden, kreativen und kontaktreichen Sommerarbeit auf dem Campingplatz meines Sohnes im Spreewald.

Aber einen Blog gibt man nicht so einfach auf – jedenfalls bin ich eine treue Seele, die an Freundschaften und Dingen hängt -  und zehn Jahre sind eine verdammt lange Zeit.

Also habe ich beschlossen, dass es hier wieder losgeht.

Würde mich freuen, wenn der eine oder andere Leser noch da ist!