Es ist alles so
schnell gegangen. Ein unglücklicher Sturz, Krankenhaus, Kurzzeitpflege und
schließlich das gefürchtete Altersheim. Es
ist ein schönes Haus mit liebevoller Versorgung, und doch kann er sich nicht
wirklich abfinden.
Ich schenke ihm einen Urlaubstag in seinem Haus. Verwandte und Bekannte warnen
mich: Mach das bloß nicht – nachher will er nicht zurück.
Ich bespreche das mit ihm. Klartext können wir immer miteinander reden, das
liebe ich so an ihm. Er versichert mir, nicht in Tränen auszubrechen, wenn es
abends ins Altersheim zurückgeht.
Es ist ein großes logistisches Problem für mich, ihn und den Rollstuhl zu
transportieren. Als wir vor seinem Haus ankommen, ist er zu Tränen gerührt.
„Dass ich das noch mal wieder sehe“, sagt er.
Mit seinem Sessellift fährt er langsam durch das Treppenhaus, betrachtet die
Bilder an den Wänden, die er so liebt. Dann muss er den langen Flur entlang gehen
und in jedes Zimmer schauen.
„Verausgabe dich nicht“, warne ich ihn. „Du bist wackelig auf den Beinen. Und
die Wege sind lang.“
Auf dem Weg zum Wohnzimmer passiert es dann. Er ruft, fällt nach hinten. Ich
versuche, ihn aufzufangen, doch er ist schwer. Immerhin verhindere ich, dass er
sich verletzt hat. Aber dann liegt er da, und alle Versuche, ihn hochzuziehen,
misslingen.
„Das schaffst du nicht“, entmutig er mich immer gleich, wenn ich an ihm ziehe.
Und dann gelingt es uns doch, gemeinsam und mit ganz viel Einsatz. Aber
irgendwie müssen sich meine sechs Jahre Kraftstudio doch auch bezahlt machen.
Nach dem Essen schläft er in seinem Sessel ein, während ich mich durch die
Bücherei meiner Mutter lese.
Als ich ihn zurückbringe, ist er dankbar für den Tag, aber auch dankbar dafür,
dass er dort, wo er jetzt lebt, gut aufgehoben ist. Und ich verspreche, ihm
immer mal wieder einen Urlaubstag zu Hause zu schenken.