Dienstag, 17. Januar 2012

Wenn nur die Liebe zählt

Arzu ist türkisch und bedeutet „ der Wunsch“. Gleichzeitig ist es ein wunderschöner Mädchenname. Die Erwünschte. Das Wunschkind.
Arzu Özmen war die Jüngste in ihrer Familie. Sicherlich war auch sie ein Wunschkind - die ersehnte Tochter nach einer Reihe von Söhnen. Die Eltern waren bestimmt glücklich über sie, hatten Pläne mit ihr, hatten vielleicht schon einen Partner im Blick auf eine gute Zukunft ausgesucht. Aber Arzu wollte ihren eigenen Lebensweg gehen. Sie wollte sich verlieben. Und als sie liebte, wollte sie nur noch mit ihrem Freund zusammen sein. Selbst als die Familie sie verprügelte. Selbst als die Mitarbeiter des Frauenhauses ihr rieten, nicht zu ihm zu gehen. Arzu fühlte sich sicher mit ihren kurzen gefärbten Haaren. Glaubte, unerkannt zu bleiben. Glaubte, dass ihr Freund sie schützen könnte.
Doch gegen den Hass ihrer Familie kamen die beiden nicht an.
Nun ist sie ermordet worden. Von ihrer Familie, ihren Eltern vielleicht, vielleicht von ihren Brüdern oder Schwestern.
Arzu Özmen hat nicht weit von uns entfernt gewohnt, in einem kleinen Dorf in der Nähe von Detmold. Die Familie galt als integriert. Sie beteiligten sich an Nachbarschaftsfesten, sie luden selbst zu sich ein. Ein lebendiger Austausch fand zwischen den Kulturen statt - sollte man meinen. Doch wenn es konkret wird, gibt es doch immer eine klare enge Vorstellung von richtig und falsch, von gut und von böse.
Als sich Arzu in einen Deutschen verliebte, bekam sie die Doppelmoral der Religion deutlich zu spüren.  Ein Jeside bleibt ein Jeside. Die Freundschaft mit Andersgläubigen wird nicht toleriert.
Die Eltern und Geschwister entschieden sich für die „Familienehre“ und gegen das Leben ihrer Tochter und Schwester. Unfassbar.
Ich bin unendlich traurig darüber.


(Foto: Schweden)

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