Damals, als Marcel
Reich-Ranicki eine Monopolstellung in Sachen Literaturkritik hatte, war die
Welt noch in Ordnung. Er war geliebt und gefürchtet, in Sachen Frauen als
Autoren fast immer vernichtend, es sei denn, sie schrieben komplizierte Lyrik.
Okay, Journalisten mussten einen halben Meter zurück treten, wenn sie ihn um
seine Kompetenz befragten, denn seine Aussprache war mehr als feucht, und doch wurde
seine Literaturkritik respektiert und hatte einen gewissen Unterhaltungswert.
Heute ist jeder zum Literaturkritiker
geworden, darf alles bewerten und sein
Urteil veröffentlichen. Das ist durchaus demokratisch gedacht, es wirft jedoch auch
einige Probleme auf. Hin und wieder kommen
solche Kritiken zustande wie „Der schrieftstella konnte garnich rechtschreipen“,
dem man eine gewisse Unkenntnis der Sachlage unterstellen könnte. Oder es
werden solche Dinge veröffentlicht wie: „Am Ende stellt sich heraus, dass der
Gärtner der Mörder war und da er auch noch der uneheliche Bruder des
verstorbenen Vaters war …“ und man
wünscht sich, der Kritiker hätte einfach rechtzeitig die Klappe gehalten. Und
wenn jemand schreibt „Tolles Buch“ – Fünf Sterne, weiß man, der Autor hat sich
bei seinen 1469 Fünf-Sterne-Rezis höchstpersönlich eine große Tüte Sterne
gekauft.
Neuerdings aber sind
immer weniger Leser bereit, eine lange Bewertung abzugeben. Da amazon jedoch auf
solche Urteile setzt und sie das Geschäft ankurbeln, ist der Verkaufsriese nun
dazu übergegangen, dass man ein Buch einfach anonym und ohne Rezi bewerten kann.
Man muss noch nicht mal „Alles Scheiße, deine Elli“, schreiben. Damit hat man die
Türen für Fakes weit geöffnet. Ist ja immer so einfach, jemandem vor die Füße
zu spucken, ohne sich dabei sichtbar zu machen.
By the way, wehren kann
man sich natürlich auch nicht. Es gibt ja keine Rezi, die man beanstanden kann.
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