Friedhöfe sind schöne, friedliche und stille Orte, an denen
man Platz für seine Trauer hat und Trost findet. Friedhöfe haben aber auch
immer etwas Geheimnisvolles und Mystisches an sich, sie können sogar manchmal
ein wenig unheimlich sein.
Meine Eltern haben auf einem Friedhof in Lemgo einen
wunderbaren Platz für ihre letzte Ruhe gefunden, am Waldrand, in der Nähe
dicker Eichenbäume, aber auch mit Blick auf ein weites Tal. Ich besuche sie
hier gerne.
Ende Oktober, am Todestag meines Vaters, war ich beim Grab
meiner Eltern, brachte ihnen Blumen und blieb eine Weile bei ihnen. Das Grab
war schön, der Grabstein glänzte in der Sonne, und ich schickte ein Foto an
meine Schwestern als lieben Gruß.
Am Totensonntag besuchte meine Schwester das Grab. Auch sie
fand es schön und blumenreich vor, dann allerdings kroch ihr einen Schauer über
den Rücken. Der Schriftzug meines Vaters war fast verschwunden. Fast sah es
aus, als habe jemand versucht, ihn mit einer Bürste auszuwischen.
Das war unheimlich, vor allem mit Blick auf die Tatsache,
dass es noch vor zwei Wochen so anders ausgesehen hatte. Sie fragte bei der
Friedhofsverwaltung nach, ob es manchmal vorkommt, dass sich jemand an Grabsteinen
zu schaffen macht, aber die kannten keinen solchen Fall. Noch nicht mal die Situation,
dass Blumen gestohlen worden wären, hätte es jemals gegeben, versicherten sie. Der
Fall bleibt ein Rätsel, und da auch der Steinmetz in der Zwischenzeit
verstorben ist, werden wir die Sache nicht klären können.
So werden wir uns wohl am Grab treffen müssen, um die
Schrift neu nachzumalen. Meine Eltern würden sich sicherlich freuen.
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