Geduld gehört nicht zu meinen Tugenden.
Wenn ich irgendwo warten musss, in einem Geschäft mal wieder an der falschen Schlange stehe, mit dem Auto am Kamener Kreuz feststecke oder frierend die Durchsage auf dem Bahnsteig höre: "... verspätet sich wegen Gleisarbeiten um eine halbe Stunde", sage ich mir immer wieder: Jetzt ist es deine Chance, dich in Geduld zu üben.
Wenn ich irgendwo warten musss, in einem Geschäft mal wieder an der falschen Schlange stehe, mit dem Auto am Kamener Kreuz feststecke oder frierend die Durchsage auf dem Bahnsteig höre: "... verspätet sich wegen Gleisarbeiten um eine halbe Stunde", sage ich mir immer wieder: Jetzt ist es deine Chance, dich in Geduld zu üben.
Schwieriger wird es, wenn andere meine Zeit stehlen, um mir ihre Macht zu demonstrieren. Chefs haben gerne solche Taktiken. Sie bestellen einen zu einem Gespräch, um ihn dann vor ihrem Büro noch eine Weile zappeln zu lassen. Je schlechter der Chef, umso ausgeklügelter sein Wartesystem.
Noch schlimmer wird das Warten, wenn man warten muss, damit andere frei darüber verfügen können, wann du in seine Zeit passt. Man spürt dann, dass man ein kleines Rädchen im Getriebe der anderen ist - das untere Ende der Nahrungskette, wie meine Kinder immer sagen.
Gestern im Krankenhaus spürte ich wieder einmal dieses Gefühl. Ich kann es fast nicht ertragen.
Mein Vater musste für eine Woche zu einer Bahndlung in eine Uniklinik. Er sollte um 10.00 Uhr erscheinen. Wir hatten eine weite Anfahrt und mussten uns früh auf den Weg machen. Mein Vater war sehr aufgeregt.
Nachdem wir das Labyrinth Uniklinik mit all den Anmeldungen in all den Terminals hinter uns gebracht hatten, saßen wir in dem Terminal-Stationszimmer und warteten.
Mein Vater musste für eine Woche zu einer Bahndlung in eine Uniklinik. Er sollte um 10.00 Uhr erscheinen. Wir hatten eine weite Anfahrt und mussten uns früh auf den Weg machen. Mein Vater war sehr aufgeregt.
Nachdem wir das Labyrinth Uniklinik mit all den Anmeldungen in all den Terminals hinter uns gebracht hatten, saßen wir in dem Terminal-Stationszimmer und warteten.
Auf was? Auf wen? Niemand wusste es. Niemand sagte etwas. Niemand sah uns an.
Wir bekamen einen Stuhl zugewiesen und die Zeit verstrich.
Wir bekamen einen Stuhl zugewiesen und die Zeit verstrich.
Mit uns warteten noch zwei Frauen. Auch sie wussten nicht, warum sie kein Zimmer zugewiesen bekamen.
Ich hätte Verständnis dafür, wenn Notfälle dazwischen gekommen wären, wenn die Station überfüllt wäre, wenn ein großes Chaos geherrscht hatte.
Doch ich hatte dieses Warten schon vor zwei Wochen genauso erlebt. Und nun überkam mich das Gefühl: Das machen sie hier immer so. Sie bestellen einen möglichst früh, dann haben sie freien Zugriff auf deine Zeit.
Die Zeit des Patienten ist unwichtig, und die des Begleiters sowieso.
Doch ich hatte dieses Warten schon vor zwei Wochen genauso erlebt. Und nun überkam mich das Gefühl: Das machen sie hier immer so. Sie bestellen einen möglichst früh, dann haben sie freien Zugriff auf deine Zeit.
Die Zeit des Patienten ist unwichtig, und die des Begleiters sowieso.
"Auf was warten wir denn?", fragte mein Vater immer wieder ängstlich. "Haben wir uns nicht angemeldet?"
Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus, fragte höflich, wie wohl der Zeitplan der nächsten Stunde aussähe. Ob wir vielleicht in die Caféteria gehen könnten, oder sogar die Zeit durch einen kleinen Spaziergang nutzen könnten. Doch ich hatte die falsche Frau im Getriebe gefragt. Eine Schwesternschülerin. Sie war nicht zuständig.
Nach zwei Stunden platzte der anderen Frau der Kragen, und sie forderte, die Stationsschwester zu sprechen. Wieder wurde sie abgewiesen. Wieder war niemand zuständig.
Jetzt stellte ich mich neben sie, beschwerte mich ebenfalls, dann kam die dritte Frau dazu. Gemeinsam waren wir stark.
Jetzt stellte ich mich neben sie, beschwerte mich ebenfalls, dann kam die dritte Frau dazu. Gemeinsam waren wir stark.
Nun passierte etwas. Betten wurden hin und her geschoben, Bettwäsche wurde geholt, Nachtschränkchen wurden besorgt.
Nach einer weiteren Stunde hatten alle ein Zimmer.
Da bist Du bei mir an der richtigen Stelle! ;-)
AntwortenLöschenDer Betrieb in der Uniklinik ist sicher extrem im Vergleich zu dem relativ kleinen Krankenhaus in dem ich arbeite.
Ich versuche mal eine Erklärung zu finden:
Es gibt einige Dinge, die den Zeitplan durcheinanderbringen können. Zum Beispiel ein Notfall, der sich mal heftig oder weniger heftig entwickeln kann. Manchmal ist der OP-Betrieb ins Stocken gekommen und die Ärzte erscheinen viel später zur Visite als geplant. Aus dem Grund können Patienten noch nicht entlassen werden und machen also auch kein Bett frei. Manchmal sind Pflegekräfte krank und diejenigen, die das übernehmen müssen schaffen es einfach nicht die Zimmer herzurichten, weil andere (wichtigere!) Patienten versorgt werden müssen. Zusätzlich gibt es Angehörige, die sich (zu recht) Gehör verschaffen möchten und Diagnosen und Therapieverläufe mit dem Arzt besprechen müssen. Manchmal ist auch einfach ein Zimmer von oben bis unten mit Kot verschmiert und die Pflegekräfte sind mit der Reinigung von Patient und Zimmer beschäftigt. Manchmal randaliert ein Patient, manchmal brauchte er eine maximale Überwachung, manchmal stirbt er.
Manchmal muss eine Pflegekraft auch einfach mal aufs Klo.
(Ich nehme mir z.B. regelmäßig vor, nur mal etwas zu trinken und stelle am Ende des Dienstes fest, dass ich keine Zeit dazu hatte.)
Außerdem ist jede Station schlecht besetzt. Es gibt zu wenig Personal und die Patienten und die Angehörigen (und auch die Pflegekräfte) müssen das ausbaden. Immer.
Die Uniklinik (und auch das Haus, in dem ich arbeite) ist ein akademisches Lehrkrankenhaus. Das heißt, dass Studenten, Praktikanten, Pflegeschüler und Assistenten angeleitet und unterstützt werden müssen. Das kostet ebenfalls viel Zeit.
Es gibt sicher Pflegekräfte die in dieser harten Schmiede abstumpfen. Dazu zähle ich nicht.
Aber alle Pflegekräfte haben sich diesen Beruf einmal ausgesucht, einige lieben ihn sogar.
Was ich mit absoluter Sicherheit behaupten kann ist: Keiner Pflegekraft ist ein Mensch (egal ob Patient oder Angehöriger) egal. Niemals.
Liebe Grüße
Nikola
Liebe Annette,
AntwortenLöschenim Nachhinein befürchte ich, dass mein Kommentar vielleicht falsch rüber kommen könnte.
Ich bitte um Verzeihung, wenn Du das als Kritik aufgefasst haben solltest!
Natürlich verstehe ich Deinen Ärger vollkommen und er ist auch berechtigt!
Das zeigt wieder einmal, wie sehr so eine Ausnahmesituation die Menschen in Stress versetzt. Für uns ist das Alltag. Vielleicht übersieht man dann diese vergleichsweise "kleinen" Sorgen. Man denkt halt: Denen im Wartezimmer geht es gut, ich kümmere mich jetzt erst einmal um die schwierigen Pflegefälle.
Da fehlt es an Transparenz. Sinnvoll wäre es vielleicht den Patienten einen Leitfaden in die Hand zu geben, etwas woran sie sich orientieren könnten, damit sie wissen, was sie am Aufnahmetag alles erwartet.
Nichts ist ja schlimmer als zu warten, wenn man nicht einmal weiß worauf eigentlich.
Liebe Grüße
Nikola
Ich bin total froh, dass du das schreibst, Nikola. Da kommt nichts falsch rüber. Ich verstehe es gut.
AntwortenLöschenIch werde auch schnell sauer, wenn andere über Lehrer schimpfen, dabei kenne ich ja auch solche und solche!
Toll, dass du so tolle Arbeit leistest, ich hoffe, ich gerate mal unter deine Hände.
LG Annette
Ich hoffe natürlich, dass es Dir erspart bleibt unter irgendjemandes Hände zu geraten!! :-))
AntwortenLöschenWenn wir uns mal begegnen, dann bitte auf einer Buchmesse oder Lesung, ja?
Herzliche Grüße
Nikola
spannend, diese beiden Blickwinkel!
AntwortenLöschenNikola, ich kann sehr gut verstehen, was du schreibst. Warum aber entschuldigt sich keiner oder erklärt man einem ewig wartenden Patienten nicht, warum es so lange dauert. Verständnis hätten wohl die meisten!
Soll auch nicht hart tönen, ist einfach eine Frage, die mit stecken geblieben ist, nachdem ich an einem unvergesslichen 27. April Stunden weinend auf einem orangen Wartesessel verbracht hatte.
Lieben Gruss
Gabriela
Das ist mir allerdings auch ein Mysterium! ;-)
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