Freitag, 17. Februar 2012

Älter werden

Ja älter man wird, umso häufiger hat man das Gefühl, dass einem die Zeit unter den Händen zerrinnt. Warum das so ist, dazu gibt es wissenschaftliche Untersuchungen und Theorien - die will ich jetzt aber gar nicht nachlesen.
Ich stelle vor allem fest, dass es wirklich so ist. Immer häufiger habe ich das Gefühl, die Uhr läuft, und die verbleibende Zeit ist kostbar. 
Manchmal bin ich total unglücklich, dass die Dinge so lange dauern wie sie dauern und damit so viel von der verbleibenden Zeit wegnehmen. Dass ich nicht gleichzeitig Bücher lesen und schreiben kann, dass das Sprachen lernen so langsam geht und so mühsam ist, dass ich nach der kleinsten Sportpause wieder atemlos bin. 
Ich sehe junge Leute mit dem Rad die Straße runter düsen, die Hände in den Hosentaschen, und denke: Das dürfte ich nicht machen. Wenn ich mir in meinem Alter einen Knochen breche, dauert es mindestens ein Vierteljahr, bis der wieder angewachsen ist. Also lasse ich Dinge, über die ich mir früher nie Gedanken gemacht hätte. Ich gehe nicht eislaufen, obwohl der See zugefroren ist. Ich gehe bei Grün über die Ampel. Ich trage nicht mal eben einen Kasten Bier in den Keller.
Es gibt auch Dinge, die ich nie ausprobiert habe, und die ich nun definitiv nicht mehr machen werde. Bungeespringen zum Beispiel. Oder Ski laufen. Oder bei Deutschland sucht den Superstar mitmachen. Okay, das hätte ich vielleicht sowieso nicht gemacht, aber dass ich es jetzt besser wegen meines Alters nicht mehr machen sollte, schränkt mich irgendwie in meiner Freiheit ein.
Menschen, denen nur noch eine kurze Lebenszeit blieb, gaben in einem Interview an, sie bereuten vor allem, zu viel gearbeitet zu haben. Für jemanden, der so gerne arbeitet wie ich, ist es schwer, das zu akzeptieren. Aber es stimmt. Es gibt ein Leben neben der Tastatur. Darum mach ich jetzt erst mal Wochenende und lege mich in die Badewanne. Das ist jedenfalls altersadäquat! 


(Foto: Budapest)

6 Kommentare:

  1. Ich trau mich ja kaum es zuzugeben, aber ich gehöre auch zu diesem Club 'Man-will-sich-ja-nichts-brechen'.
    Genieße Deine Badewanne, die ist jedenfalls gänzlich ungefährlich. Obwohl -
    wenn man zu Wadenkrämpfen neigt, oder beim Aussteigen aus der Wanne schwächelt ...
    Toi, toi, toi! :))

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  2. Mein Vater hat so etwas ähnliches auch mal gesagt - er meinte, er habe das Gefühl, ihm bleibe nicht mehr allzuviel Zeit. Ein paar Monate später hatte er einen Herzinfarkt, kam in die Reha und lernte eine großartige Frau kennen. Ich glaube, wenn er nicht diesen Aha-Moment gehabt hätte, hätte er nie den Mut gehabt, "in seinem Alter" noch einmal weit weg zu ziehen und etwas komplett neues anzufangen. Seitdem wirkt er übrigens jünger. ^^

    Wir müssen aufpassen, dass wir nichts aus Angst oder Resignation verpassen. Wie es bei "Findet Nemo" schon so schön heißt, wenn uns nie etwas passiert, dann passiert ja nie etwas!

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  3. Das ist schön.
    Ja, die Sache mit der Arbeit... Dort sind wir alle ersetzbar. Auch wenn es viele nicht wahrhaben wollen. In der Familie sind wir das nicht.
    Viele Grüße und danke für deine Anteilnahme!

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  4. Toll geschrieben, das macht mich ganz melancholisch. Ich sehe das genauso.
    GLG

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  5. Ich glaube es ist ein Unterschied, ob man in seiner Arbeit aufgeht und die Arbeit genau das ist, was man schon immer machen wollte. Ich habe zum Thema Älter werden erst gelesen, dass das Finden der Balance zwischen Job und Privatleben sehr wichtig ist und jeder seinen eigenen Weg finden muss. Letztendlich weißt nur du, wann und wie du glücklich bist. :)

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  6. Mein Vater hatte ebenfalls das gleiche. Eines Tages kam er zu mir und sagte: "Ich habe eigentlich alles erreicht, was ich möchte. Ich bin wunschlos glücklich. Mein Job ist der, den ich immer wollte. Ich habe eine großartige Familie, eine Wahnsinns-Frau und zwei wundervolle Kinder. Was will man mehr?" Es war ein unglaublich rührender Moment, denn er meinte das genau so, wie er es sagte. Und Trotzdem schwang ein kleiner Wehmut mit, denn die Zeit geht wirklich schneller herum, als man möchte. Das ist jetzt 5 Jahre her, mittlerweile ist er nicht mehr ganz so fit. Blödes Beispiel, aber ich bin fast erschrocken, als ich eine Toilettensitzerhöhung in dem Bad meiner Eltern gefunden habe und habe noch Witze drüber gemacht, ob sie jetzt alt werden.. Noch ist es auch wirklich witzig, aber es gibt einem einfach auch das Gefühl, dass man jetzt selber auch groß ist und die Eltern nicht jünger werden. Kein schönes Gefühl – aber so spielt das leben! Der Spruch aus Nemo passt wirklich toll: wenn uns nie etwas passiert, dann passiert ja nie etwas :-)

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