Als Schriftsteller ist es legitim, neugierig zu
sein, und so betreibe ich auch auf unserem Campingplatz interessante Personenstudien.
Da sind diese Dauercamper, 70+, die den Tag
damit verbringen, ihre Wohnwagen zu putzen und ihre Gartenzwerge in Reih und
Glied zu stellen. Sie sind schon morgens im Waschraum fröhlich und kommunikativ.
In weißer Schießer-Unterwäsche stehen sie da, waschen sich mit einem Waschlappen
die Achselhöhlen gründlich und erzählen vom Kaffeetrinken bei Mariechen.
Außerdem sind da die vielen Kinder, die sich
trotz unterschiedlicher Altersgruppen zusammengerottet haben. Auf dem Campingplatz
haben sie alle Freiheiten der Welt, und so ziehen sie unbeschwert mit Bobbycars,
Rädchen, Stöcken und Bällen über den Platz. Auch behinderte Kinder sind unter ihnen, in einer
Selbstverständlichkeit integriert, dass es anrührt.
Und dann ist da noch diese Gruppe „englischer
Landarbeiter“, die sich etwas abseits gruppiert hat. Nagelneue Wohnwagen haben sie.
Mit ihren Landrovern düsen sie hin und her, seltsame Gestelle auf der
Ladefläche. Angeblich arbeiten sie in der Landwirtschaft als Schafscherer.
Ich treffe einige der Kinder auf dem Spielplatz.
Sie sind unbeaufsichtigt, obwohl sie noch ziemlich klein sind. Ein kleiner
Junge, barfuß und in Tweedweste und Unterhose, fällt einige Male vom
Klettergerüst. Er weint nie, rappelt sich schnell wieder auf die kleinen Beinchen
und schaut mich überrascht an, als ich ihm helfen will. Ein älteres Mädchen gesellt
sich zu mir. Auf meine neugierigen Fragen erzählt mir von ihrer Familie. Sie
seien auf Holiday, erklärt sie mir, und Germany gefiele ihr gut. Ihr Vater
nehme an einem Schwimmwettbewerb in der Therme mit. Ich weiß, dass sie lügt.
Auch die Geschichte über ihre Zwillingsgeschwister glaube ich nicht. Und wenn
ich ehrlich bin, glaube ich ihr noch nicht mal ihren Namen. Rhianna. Aber es
ist mir egal, wie sie heißt und was ihr Vater macht. Wenn es einfacher für sie
ist, mich anzulügen, soll sie das tun.
Eine Weile später tuschelt sie mit ihrer „Schwester“,
und dann einigen sie sich darauf, mir eine andere Geschichte zu erzählen. Ob
ich wüsste, was ein „Gypsy“ wäre. Sie wären nämlich Gypsys. Ich sage ihnen, ich
würde das Wort nicht kennen, und wieder tuscheln die beiden Mädchen verwundert
miteinander. Sie bleiben in meiner Nähe.
Eine Zeitlang spielen sie mit Timmy, bis
sie dann irgendwann alle miteinander in die Haare geraten. Und dann bewerfen
sie sich gegenseitig mit Sand, bis eine schreiende Mutter sie in die Wohnwagen
zieht.
Timmy fand sie aufregend – und mir ging es
nicht anders.
Da hast du ja interessante Menschen auf dem Campingplatz kennen gelernt liebe Annette. Ich mußte schmunzeln, vieles kam mir doch sehr bekannt vor.
AntwortenLöschenLiebe Abendgrüße
Angelika
Herrlich, liebe Annette!
AntwortenLöschenDeine Beobachtungen habe ich sehr genossen. Auch ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. "People-Watching" auf dem Campingplatz habe ich leider nie gemacht, aber ich liebe es in Bahnhöfen oder Flughäfen, auf Spielplätzen, in Cafés oder anderen Orten, wo sich viele verschiedene Leute tummeln. Ich bin immer wieder fasziniert, wie verschieden und einzigartig wir doch alle sind... mit unseren Marotten, Verhaltensweisen und Eigenarten. :))
Alles Liebe und viele herzliche Grüsse, Alexandra