Ist es möglich, ein Buchprojekt mit meinen
Büchern an einer Förderschule für geistige Entwicklung durchzuführen? An einer
Schule, an der nur wenige Schüler lesen und noch weniger Schüler schreiben können?
Ich war da echt unsicher, und wahrscheinlich hätte ich es nicht gewagt, wenn mich
nicht eine tolle und empathische Pädagogin der Schule immer wieder ermutigt
hätte. Wir trafen uns zu einer Vorbesprechung, und ihre gute Laune war einfach
ansteckend.
Und so setzte ich mich zu Hause hin und
schrieb verschiedene Kapitel aus dem gewünschten Buch „Keine Chance, wer geht
denn schon mit Türken“ zu einfachen
Szenen um, für andere überlegte ich mir ein Improvisationstheater, wieder
andere Kapitel formulierte ich zu einem einfachen Text um. Auf die Weise wollte
ich mit den Schülern das Buch erarbeiten.
Und so fuhr ich perfekt vorbereitet
zu einem Zwei-Tages-Workshop an die Hermann-Schmidt-Schule nach Schloss
Neuhaus.
Um es gleich zu sagen: Die gute Vorbereitung
war in erster Linie wichtig, um mir Selbstvertrauen zu geben, ansonsten konnte
ich das erarbeitete Konzept erst mal in der Tasche lassen. Es war viel
wichtiger zuzuhören und sich auf die Schüler einzulassen. Die reagierten nämlich
sehr unterschiedlich auf das Buchprojekt. Einige waren ängstlich, weil sich ihr
Tagesrhythmus veränderte und nun auch noch eine Fremde vor ihnen stand, andere
waren neugierig und offen, wieder andere mussten sich lautstark profilieren und
noch andere ließen alles ein wenig lethargisch an sich vorbei ziehen. Begeisterung, Widerstand und Ängste lösten
sich ab, wurden noch größer, als die Schüler hörten, dass wir am nächsten Tag
zu einer Aufführung einladen wollten.
Ich muss sagen, heute Morgen noch glaubte
ich, wir schaffen es nicht. Doch dann fügte sich alles so gut, dass wir über
uns selbst staunen konnten.
Ein Schüler, der sich beim Spielen verweigert
hatte und zweimal aus dem Raum gelaufen war, weil er die Spannung nicht
aushalten konnte, nahm plötzlich Kontakt zu mir auf und erzählte mir, dass er zwar
nicht so gut Theater spielen, dafür aber gut trommeln könnte. Ich bat ihn, jeden
Szenenwechsel mit einem Trommeln einzuleiten, und er war bereit dazu. Plötzlich
saß er konzentriert auf seinem Cajón und folgte den Szenen mit großer Empathie.
Und er trommelte toll.
Eine andere Schülerin hatte das ganze Wochenende über einen Text zu lesen geübt, und sie las nun flüssig und mit guter Betonung, was ihr spontanen und heftigen Beifall einbrachte.
Unser szenisches Spiel war natürlich nicht
perfekt. Die einen hatten den Text vergessen, die anderen sagten etwas ganz
anderes, als erwartet wurde, aber die Zuschauer störte es nicht. Sie bedachten
die Aufführung ihrer Schulkameraden mit großem Applaus – wohl wissend, dass sie
sich in den nächsten zwei Tagen ebenfalls als Akteure im Workshop befinden. Die Gruppe zwei ist nämlich morgen und
übermorgen an der Reihe, und sie haben sich das Buch „Aber ich bin doch selbst
noch ein Kind“ gewünscht.
Und wie geht es mir? Ich bin müde und
fröhlich und gespannt auf das, was ich in den nächsten zwei Tagen noch lernen
werde.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen