Mittwoch, 9. März 2011

Erinnerungen an meine Mutter


Heute wäre meine Mutter 85 Jahre alt geworden. Sie ist vor 23 Jahren gestorben. 
23 Jahre, das ist eine lange lange Zeit. Längst tut die Erinnerung an sie nicht mehr weh. Ich kann über sie erzählen und über sie schreiben. Es vergehen auch Wochen und Monate, ohne dass ich an sie denke. Aber sie ist in mir - ich erkenne sie in meinem Gesicht, in Gesten und Worten, sogar in meiner Handschrift.

Meine Mutter starb ohne Vorwarnung und ohne jemandem auch nur eine Chance zu geben, sich zu verabschieden. Sie hatte einen Herzstillstand. Und obwohl mein Vater sofort den Notarzt rief und der Krankenwagen ganz schnell zur Stelle war, gelang es niemandem, sie zu reanimieren. 
Ein schöner Tod, sagten viele. 
Aber für die Angehörigen ist es das nicht. Es ist ein Schock, der alle fassungslos zurück lässt. 

Als meine Mutter starb, war ich 32 Jahre alt und gerade hochschwanger mit dem 3. Kind. Ich war erwachsen und alt genug, ohne Mutter zu leben. Und trotzdem ist der Tod der Mutter zu jeder Lebenszeit ein tiefer und trauriger Lebenseinschnitt.

Durch ihren Tod habe ich ein Gefühl kennen gelernt, das ist so vorher nicht kannte: Die tiefe Trauer. Es ist eine Trauer, die viel länger anhält, als die Umgebung einem zugesteht. Denn natürlich fordert der Alltag schnell, dass man wieder funktioniert.
Ich entwickelte wie viele Trauernde eine Überlebensstrategie. Ich lebte in zwei Welten. Die eine Welt, das war die alltagstaugliche Annette, die ihre Frau stand. Die andere Seite in mir aber war ein inneren Abgrund, an dessen Rand ich mich nur vorsichtig tasten konnte. Zu tief wäre der Absturz gewesen.
Dieses Leben in den Parallelwelten hält lange an. 
Nur langsam rücken die Welten zusammen, bis sie irgendwann wieder eine Einheit bilden.

6 Kommentare:

  1. Liebe Annette
    wir feiern übermorgen den 85.sten Geburtstag meiner Schwiegermutter.

    Ich kann sie mir noch sehr gut vorstellen, wie fit sie noch war vor 23 Jahren. Enkelkinder hatte sie damals noch keine.

    Schön, wie du beschreibst, wie sie in dir lebt.
    Ich stelle es mir total schwierig vor, in einer solchen Extremsituation schwanger zu sein. Da verbinden sich ja die grössten Gegensätze. Oder hat dir das geholfen?

    Alles Liebe dir
    Gabriela

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  2. Liebe Annette,

    ich kann Deine Gefühle sehr gut verstehen. Meine Mutter verlor ich mit 22, da war ich auch hochschwanger, allerdings mit dem ersten Kind. Sie wurde reanimiert, leider, und vegetierte danach vier Jahre im Wachkoma vor sich hin. Ich habe das als die schlimmste Zeit meines Lebens in Erinnerung. Eine Zeit, die genau wie bei Dir, eigentlich eine sehr glückliche sein sollte.
    Sie starb bei uns zuhause. Bis heute habe ich ihr nicht wirklich verziehen, dass sie sich so plötzlich auf und davon gemacht hat. Verrückt, oder?
    Ich weiß nicht, ob die Welten danach wieder zusammenrücken. Eigentlich ist es nie wieder wie vorher.

    Liebe Grüße
    Nikola

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  3. Ich kann dich gut verstehen. Meine Mutter verstarb mit nur 59 Jahren. Auch ihr Herz war müde. Wir standen uns sehr nahe...Und heute hätte ich noch so viele Fragen...
    Herzliche Grüße von Mon-Re

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  4. @Gabriela, sicherlich hat es mich getröstet, ein Neugeborenes zu haben, aber es war auch ein furchtbares Gefühlschaos.
    @Nikola, oh, deine Geschichte ist sehr traurig. Dass deine Mutter durch die Reanimation auch noch ins Wachkoma geriet, ist total tragisch. Da hast du wirklich eine schlimme Zeit gehabt.
    Euch allen, auch dir, Mon-Re, danke ich für eure lieben Beiträge.
    Annette

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  5. Liebe Annette
    Ich kann Dich auch gut verstehen. Meine Mutter verstarb mit 62 Jahren an Krebs. Ich war damals 29 Jahre alt. Auch die Jahre vor ihrem Tod waren für uns sehr schwer. Es war ein ständiges Auf und Ab.
    Ganz liebe Grüsse Yvonne

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  6. Hallo Annette

    Icch weiß genau was du damals durch hast denn lebe gerade dieses Situation. Meine Mutter ist vor fast 2 Wochen im Alter von 64 tot umgefallen am Herzstillstand. Es tut so unendlich weh. Ich weiß auch nicht ob ich genug Kraft habe durch die Zeit jetzt zu kommen.Ich wünschte mir sie wäre noch da. Hat noch angefangen ihr ganzes Leben zu ändern.Ich bin so unsagbar traurig und wütend das sie mir das angetan hat.
    Liebe Grüße Conny

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