Mein Vater ist wieder gesund, soweit man bei
seinem Zustand von gesund sprechen kann. Aber er kann wieder laufen und sein
Gesicht ist voll und rosig. Nächste Woche wird er entlassen, und wenn er mag,
kann er nach Hause zurückkehren. Er will es auch gerne, aber gleichzeitig auch
wieder nicht, denn die Angst, erneut zu fallen, ist groß. Zwar hat er einen
ziemlich engmaschig gestrickten „Betreuungsstab“, zu dem auch ein
Notruf-Armband gehört, trotzdem ist es ein verdammt elendes Gefühl, wenn man auf
Hilfe warten muss.
Wir überlegen, wie es weiter gehen soll. Ich
mag ihn zu nichts überreden, aber die Dinge zu entscheiden fällt ihm von Jahr
zu Jahr schwerer. Dabei war er immer so ein klarer Mensch, mit kraftvollen
mutigen Entscheidungen. Nun sitzt er da, unruhig, unglücklich. Die Augen
bewegen sich von einer Seite zur anderen, die Hände greifen unruhig ineinander.
„Ich weiß auch nicht“, sagt er. „Kann ich
nicht hier im Krankenhaus bleiben?“
Ich rufe im Seniorenheim an, frage nach einem
Platz für eine Kurzzeitpflege. Sie haben ein schönes großes Zimmer frei. Aber
sie drängen. Viel Zeit für die Entscheidung haben wir nicht.
Das Seniorenheim überzeugt mich sofort. Es
ist groß und freundlich, in der Eingangshalle ist überall der Frühling zu
spüren. Alte Menschen sitzen zusammen, erzählen, spielen Karten, lesen die
Zeitung. Ich kann mir gut vorstellen, dass er sich hier wohl fühlen könnte. Er
liebt die Kontakte mit anderen, fürchtet sich immer vor dem Alleinsein. Aber
würde er es auch so sehen?
Bei dieser Entscheidung ist es wichtig,
kleine Schritte zu gehen und den Rückweg auf zu lassen. Vier Wochen
Kurzzeitpflege, Kraft tanken, anderen begegnen, um dann neu zu entscheiden.
„Dein Haus bleibt“, sagte ich. „Die Heizung
läuft, das Bett ist bezogen, der Treppenlift steht unten.“
Da will er es wagen.
(Foto: White Sands, USA)
Irgendwann werden unsere Eltern im Geist wieder zu Kindern, und dann ist es unsere Aufgabe, für sie zu sorgen. Irgendwie eine traurige Idee...
AntwortenLöschenIch wünsche deinem Vater alles Gute!
Liebe Annette,
AntwortenLöschenich finde das ist ein guter Weg erst mal in die Kurzzeitpflege zu gehen. Vielleicht gefällt es Deinem Vater ja so gut, dass er gar nicht mehr in sein Haus will.
Ich habe einen Bekannten bei dem war das mit seiner Mutter so. Die fühlt sich seit zwei Jahren super wohl im Seniorenheim. Sie hat immer Gesellschaft und wenn sie allein sein will, kann sie das ja auch.
Natürlich ist es ein schwerer Schritt, schließlich ist es die "letzte Station". Ich wünsch' Deinem Papa alles erdenklich Gute und Dir ganz viel Kraft.
Liebe Grüße
Heidi
Liebe Annette,
AntwortenLöschenHeidi hat ziemlich genau das in Worte gefasst, was ich auch schreiben wollte. So bleibt mir nur noch, euch ebenfalls alles, alles Gute zu wünschen.
Herzlichst
Marie
Ich wünsche ihm, dass es ihm gefällt und er sich wohl fühlt. Und du gibst ihm die Sicherheit, die einem denke ich sehr schnell verloren gehen kann, wenn man in der Phase des Lebens angekommen ist. Ich wünsche euch alles Gute!
AntwortenLöschenWie sagte mein Opa immer: Wenn du alt werden willst, musst du lange leben. In diesem Sinne.