Samstag, 18. Dezember 2010

Weihnachtsgrüße


Für zwei Wochen mache ich nun eine Blogpause. 
In dieser Pause liegen hektisch-besinnliche Weihnachten und Silvester mit viel Besuch. 
Ich freue mich darauf.
Euch allen wünsche ich schöne Weihnachten und einen besinnlich-fröhlichen Übergang ins neue Jahr.

Liebe Grüße
Annette

Freitag, 17. Dezember 2010

Lesung in Worms

Gestern gab es eine Unwetterwarnung. Heftiger Schneefall und gefährliche Glätte wurden vorausgesagt. Das ist nicht gerade das Wetter, um sich auf eine lange Reise zu einer Lesung zu machen.Trotzdem startete ich natürlich ... schließlich gibt es ja die Bahn. (und sie war auch wirklich ziemlich pünktlich!!!)

Schon vorher hatten mich verschiedene Schüler der Klasse 7 a der Karmeliter Realschule in Worms kontaktiert. Erst meldete sich Ibrahim. Er hatte mit seiner Klasse das Buch "Im Chat war er noch so süß" gelesen und hatte ein paar Fragen an mich. Danach meldete sich Hannah, schließlich Laura, danach fragte die Lehrerin vorsichtig an, ob mir ihre Schüler nicht zu sehr auf die Nerven gingen ... und dann wollten schließlich alle, dass ich mal zu einer Lesung vorbei komme. 
Das sind die schönsten Lesungen. 

 
Ich war gespannt auf die Schüler und sie auf mich. Sie hatten die Stühle in einen Kreis gestellt, so konnten wir uns alle gut sehen. Dann erzählten sie ein bisschen von sich, stellten dann viele Fragen an mich und baten mich schließlich, noch aus zwei verschiedenen Bücher zu lesen. 
Die Zeit verging wahnsinnig schnell. 


Ich grüße euch von hier aus noch mal ganz herzlich. 
Mein Auto musste ich zwar gestern am Bahnhof aus dem Schnee schaufeln, aber ich bin gut wieder angekommen. 
Meldet euch mal wieder - und passt gut beim Chatten auf!

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Schreiben für Nichtleser

Manche Kritik an meinen Büchern jagt mir einen riesigen Schrecken ein. 
"Einfacher Schreibstil" - "überwiegend Hauptsätze" - "dialogischer Aufbau" - "simple Handlung" prügeln die Kritiker auf mich ein. 
Ich muss sagen, einfach so abtun kann ich diese Verurteilung nicht. Denn wieso maßen sie sich an, so zu urteilen, ohne sich über die Bücher zu informieren. Es sind doch Bücher für Nichtleser.

Wenn ich in den Schulen herum frage: "Was liest du gerne", kommt bei vielen Jugendlichen die Antwort: "Eigentlich gar nichts."
Bücher werden von vielen Schülern als zu schwer empfunden. Allein ein mehrgleisiger Aufbau eines Buches oder eine Rückblende können dazu führen, dass Schüler das Buch mit den Worten "zu langweilig" an die Seite legen. In Wirklichkeit ist es ihnen einfach bei ihrer Lesefertigkeit schwer gefallen, den Text zu verstehen.
Das sind meine Leser!
Für diese Nichtleser schreibe ich.  
Natürlich müssen da die Sätze kurz sein, die Handlung übersichtlich, der Schreibstil einfach, sonst würden sie ja die anderen Millionen Büchern lesen, die es gibt...

Gott sei Dank bekomme ich so viel liebe Schülerpost, dass sich die Kritik der "Literaturkritiker" irgendwie verschmerzen lässt.
"Eigentlich lese ich nicht gerne", schreibt z. B. Nadine aus Köln. "Aber bei Ihrem Buch konnte ich gar nicht mehr aufhören."
"Ich habe auch schon zwei weitere Bücher von Ihnen gelesen", schreibt Sascha aus Bonn.
Und vor kurzem schrieb eine Lehrerin: "So was hatten wir bis jetzt an unserer Schule noch nie. Dass Schüler heimlich unter der Bank ein Buch lesen, weil sie wissen wollen, wie es weiter geht - dass Schüler ein Buch mit in die Pause nehmen - und dass sogar Schüler der Parallelklasse anfragen, ob sie das Buch auch lesen dürfen..."
Oh Mann, da geht einem doch das Herz auf.
Einen Nichtleser zum Lesen zu bewegen ist doch eigentlich das Größte, oder?

Dienstag, 14. Dezember 2010

Produktwerbung in meinem Blog?

Gestern bekam ich ein überraschendes Angebot. Ein "Haushalts-Store" fragte per Mail an, ob ich vielleicht hin und wieder in meinem Blog seine Produkte beschreiben und für sie werben würde. Als Lohn erhielte ich dafür gratis die zu testenden Produkte. 

Ich war echt geplättet. 
Zugegeben, das Aussehen meines Blogs würde sich ein wenig verändern, wenn ich euch plötzlich von Waffeleisen, Kaffeemaschinen oder Brotbackgeräten berichten würde. 
Aber es wäre nicht zu eurem Nachteil. 
Ihr hättet wahrscheinlich riesigen Spaß an dem neuen Blog.

Was ich euch nämlich bis jetzt verheimlicht habe ist, dass ich eine grottenschlechte Hausfrau bin. 
Und wenn ich mir vorstelle, ich berichte euch von dem großartigen Umgang mit einer Backform und präsentiere euch meinen dunkelbraunen Kuchen, der wieder einmal platt wie eine Flunder ist, und den ich mit Puderzucker überstreuen muss, damit man die schwarzen Stellen nicht sieht, werdet ihr euch die Tränen aus den Augenwinkeln wischen.
Wahrscheinlich schnellt die Besucherzahl dieses Blogs auf einen absoluten Rekord. 
Aber mich würde das schrecklich stressen. 
Und im Sinne des Stores wäre das auch nicht.

So werde ich auf dieses gut gemeinte Geschäft verzichten. 
Schließlich bin ich im Moment in der Lebensphase des Packens, und da wäre es schlimm, wenn mir der Briefträger einmal im Monat ein Paket mit Haushaltsgegenständen bringt.
So bleibt in diesem Blog alles beim Alten.
Und jetzt koche ich mir erst mal einen Kaffee.
Mit meiner guten Senseo-Kaffeemaschine...

Übrigens: Das Foto entstand in einer koreanischen Teeplantage. Der grüne Küchen ist aus Tee und schmeckte toll. Er war ja auch nicht von mir!

 

Montag, 13. Dezember 2010

Mein erstes Kinderbuch

Oft werde ich nach meinem ersten Kinderbuch gefragt. 
Hier ist es.
Es heißt "Man müsste miteinander reden" und erschien 1987 im Schneider-Verlag.

Man sieht dem Buch an, dass es schon viele Jahre alt ist. Die Seiten innen sind ganz vergilbt. 
Aber solche Zeichnungen auf den Covern kommen allmählich wieder in Mode ; ))

Das Buch handelt von einem türkischen Mädchen, das nach Deutschland kommt. 
Damals, als ich das Buch schrieb, war ich Lehrerin an einer fast türkischen Schule im Duisburger Norden. Ich hatte eine türkische Vorbereitungsklasse, die sich aus Schülern zusammen setzte, die gerade aus der Türkei nach Deutschland gekommen waren. Fast wöchendlich bekam ich einen neuen Schüler. Immer waren es Kinder, die kein Wort deutsch sprachen.
In dieser Zeit habe ich türkisch gelernt, um mich irgendwie zu verständigen. Ich war auch oft bei türkischen Eltern eingeladen und habe viel über ihre Kultur gelernt. 
Und dann war ich natürlich auch in der Türkei - zu Intensivsprachkursen.

In dieser Zeit habe ich angefangen, für die Öffentlichkeit zu schreiben. 
Zuerst hatte ich ein Gedicht geschrieben, das veröffentlicht wurde, danach hatte ich zwei Märchen für ein Märchenbuch geschrieben, die gedruckt wurden.
Naja, und dann dachte ich - größenwahnsinnig, wie man als Anfänger immer ist - schreibe ich mal ein Kinderbuch.
In einem Italienurlaub in der Toscana schrieb ich schießlich dieses Buch.
Jeden Morgen setzte ich mich in das kleine Café auf unserem Campingplatz und schrieb bei einem Cappuccino Kapitel für Kapitel in ein dickes Schulheft. Zu Hause tippte ich alles ab und schickte ein Expose an drei Verlage.
Der Schneiderverlag forderte das Maniskript an und nahm das Buch an.
Es dauerte dann noch zwei Jahre, dann wurde das Buch gedruckt.

Absolutes Anfängerglück nennt man das.
Zu der Zeit hatte ich nämlich überhaupt noch keine Ahnung, wie schwer es ist, einen Verlag zu finden.

Mein Buch gibt es schon lange nicht mehr zu kaufen. 
Man kann es nur noch bei E-Bay ersteigern. 
Für 0,25 € Anfangsgebot!

Sonntag, 12. Dezember 2010

War aber ganz schön teuer

Immer noch verbringen wir die Vorweihnachtszeit mit packen und planen. 
Gestern waren wir in unserem neuen Haus. Die Besitzer - ein nettes älteres Ehepaar - wollten mit uns gemeinsam besprechen, welche Dinge wir übernehmen können. 
Sie sind großzügig. Vieles wollen sie uns schenken. Sie verkleinern sich und sind froh, wenn wir die Sachen gebrauchen können. 
Wir freuen uns über die Regale, Garderobenschränke oder Lampen. So was hat man immer zu wenig.

Dann geht es in den Keller. In einem großen hellen Raum steht ein riesiger dunkler Schlafzimmerschrank und ein großes dunkles Bett.
"Möchten Sie das auch übernehmen?", werden wir gefragt.
"Nein danke", sage ich vorsichtig.
"Warum nicht?", frage sie.
Tja, ööhm...
"Hören Sie mal, das war ganz schön teuer", sagt sie.
Aber ... also...
"Das ist Kirsche. Vollholz. Keine Billigware.
Ähm, ja...
"Sie müssen das nicht bezahlen. Keine Angst. Das schenken wir Ihnen."
Ups, tja...
Sie betrachtet mich nachdenklich. Es irritiert sie, dass ich ihr nicht vor Freude um den Hals falle.
"Jetzt weiß ich, warum Sie das nicht nehmen", sagt sie schließlich. "Sie denken wahrscheinlich, wir erzählen das herum, dass Sie Möbel von uns übernommen haben. Das ist Ihnen vielleicht peinlich, oder?"
Also, ähm...
"Aber keine Angst, von uns erfährt keiner was."
Oh ... ähm... tja...

Freitag, 10. Dezember 2010

Von der Last des Packens

"Jaja, so hat jeder Mensch im Leben sein Päckchen zu tragen", sagte meine Tante Anna früher immer. Der Spruch wurde später ein Running-Gag auf Familienfeiern.
Nun habe ich selbst nicht nur Päckchen zu tragen. Es sind riesige Pakete!
Und bevor ich sie trage, muss ich sie packen. Das ist besonders schwer.

Ich sitze auf unserem Dachboden. Er ist voller Erinnerungen: Kinderbücher, Spielzeug, Schulhefte, Fotos, alte Briefe... nichts, was ich leichten Herzens wegwerfen kann. 
Und doch ist ein Umzug eine Chance, das Allgemeine von dem Eigentlichen zu trennen.

Ich packe jedem Kind eine große Erinnerungskiste. Dabei erfahre ich von ihnen, dass sie andere Wichtigkeiten haben. Bei ihnen löst nicht ein altes Bilderbuch ein Funkeln in den Augen aus, sondern ein altes Gameboyspiel oder eine TKKG-Kassette.

Lange sitze ich über Fotos und Briefen. Die kann ich einfach nicht wegwerfen, auch wenn einige nichtsagende Bilder dabei sind.
Eine Freundin, der ich das später erzähle, schüttelt den Kopf über mich.
Sie gesteht mir, dass sie sogar ihre alten Fotoalben weggeworfen hat. 
Jetzt bin ich entsetzt.
"Was soll ich denn damit?", sagt sie verwundert. "Da gucke ich doch sowieso nicht wieder rein. Ich habe sie mir vorher noch einmal angeschaut, und das war`s dann. Will doch sowieso keiner haben."

Schluck. Klar. Haben will sie nachher bestimmt niemand. 
Nur mir würde die Erinnerung vielleicht fehlen.

Donnerstag, 9. Dezember 2010

Hilfe, mein Pferd ist ein Weichei

Ich liebe Islandpferde.
Sie sind klein und robust, sie sind unerschrocken und geländesicher. 
Und sie lieben den Schnee. 
Wenn man sie im Winter aus dem Stall holt, springen sie vergnügt im Paddock herum. Und dann wälzen sie sich oft im Schnee hin und her.

Nur mein Pferd nicht. 
Rós ist ein Stubenhocker. Dabei hat sie wie alle Islandpferde ein langes dickes Winterfell. 
Trotzdem guckt sie mich vorwurfsvoll an, wenn ich sie morgens aus dem Stall hole.
"Das meinst du doch nicht im Ernst?", sagen ihre Augen, und ich bilde mir ein, sie mit den Zähnen klappern zu hören.
"Du bist ein Islandpferd!", erkläre ich ihr. "Deine Artgenossen stehen in Island bei -21° Eis und Schnee Tag und Nacht draußen. Und sie mögen es gerne!"
Beleidigt kuschelt sich Rós an ihren Freund Bommey und schaut mich nicht mehr an. 
Bommey bietet ihr Schutz.

Okay, okay, um halb vier Uhr hat sie mich mit ihren traurigen schwarzen Augen weichgekriegt. Ich hole sie in den Stall zurück. 
Begeistert knabbert sie an der Silage. Dann macht sie es sich im Stroh gemütlich.
Sie ist eben ein Weichei-Pferd.

Mittwoch, 8. Dezember 2010

... dann bin ich doch froh, dass ich ICH bin ...

Seit einiger Zeit habe ich bei wer-kennt-wen Kontakt zu Marianna, einer 21-jährigen Jugendlichen aus Hemer. Marianna ist körperbehindert und sitzt von Geburt an im Rollstuhl. Osteogenesis imperfecta lautet die Diagnose. Auf Deutsch: Glasknochen.
Marianna und mich verbinden zwei Leidenschaften: Das Lesen (dabei entdeckte sie mich) und das Schreiben (dabei entdeckte ich sie).
Nun hat mir Marianna ein Buch zugeschickt, das sie und ihre Gruppe "Fahrtwind" herausgegeben haben. Ich möchte es hier kurz vorstellen:

Mariannna schreibt darin über sich selbst:

"Meine Familie und Freunde sind das Wichtigste in meinem Leben. Ich bin lebensfroh, meistens gut gelaunt, doch manchmal, wenn ich schlecht gelaunt oder traurig bin, würde ich mir schon wünschen, nicht behindert zu sein. Dann denk ich immer, dann hätten es meine Eltern leichter, dann müssten sie nicht auf so viele Sachen wegen mir verzichten... dann hätten die auch ein Leben für sich und gäben nicht alles für mich und dann könnte ich auch selbst was tun, was meine Cousinen oder Freunde so tun. Zum Beispiel selbst auf die Toilette gehen, selbst dahin gehen, wohin ich gerade Lust habe. Doch dann wiederum denke ich mir ... ich wäre dann ein ganz anderer Mensch, eine andere Persönlichkeit, ein anderer Charakter... dann wäre ich vielleicht so ein Mädel, das auf solche Menschen wie ich bin, halt mit Handicap, gar nicht achten würde... und dann würde ich all die lieben Menschen, Familie und Freunde gar nicht kennen, die ich jetzt kenne, und das fände ich traurig, und dann bin ich wieder froh, dass ich ICH bin..."

Marianna und die Bürogruppe, in der sie arbeitet, lassen sich gerne zu Lesungen aus ihrem Buch einladen und erzählen von ihrem Leben mit ihren Behinderungen.
Hier noch der Hinweis auf ihre Homepage: www.iswe.de
Mail: Fahrtwind@iswe.de

Dienstag, 7. Dezember 2010

Grüße aus Neuseeland

Heute gibt es Neues aus Neuseeland. Mein Sohn Alex ist gut dort angekommen. Er genießt die Wärme (35 °C) und wandert zur Zeit mit Zelt und Rucksack durch die Lande.

Die Idee "travel and work" hat er ein bisschen in "only travel" verändert. Wer kann es ihm verdenken bei dem schönen Land.Und den Urlaub hat er auch dringend verdient.

Sonntag, 5. Dezember 2010

Das Schreiben trägt alles

Eine lange Zeit über habe ich eine gestaltpädagogische Ausbildung gemacht, die viel Selbsterfahrung beinhaltet. In dieser Gruppe haben wir hin und wieder Lebensabschnitte in Bildern dargestellt.
Einmal im Jahr treffe ich mich mit den Menschen wieder, die mich in dieser Ausbildungsgruppe begleitet haben. Es ist wie ein intensives Familientreffen, denn wir kennen uns alle schon so lange und gut.

Vor etwa 10 Jahren trafen wir uns in einer größeren Runde und malten wieder ein Lebenspanorama, ein Bild, das eine bestimmte Lebenszeit in Symbolen und Farben darstellt.
Dieses Bild fiel mir gestern beim Aufräumen plötzlich in die Hände. Ich setzte mich auf den Boden meines Arbeitszimmers und betrachtete es lange. Die Erinnerungen waren sofort wieder da.
Die Geburt meiner Kinder hatte ich als Sonnen gemalt, dann wilde Blitze für die Zeit, in der unser Jüngster erkrankte und mehrmals operiert werden musste. Der Tod meiner Mutter war auf dem Bild als lange dunkle Zeit dargestellt, außerdem der bewegte Familien- und Schulalltag.
Und ganz unten, unter all dem bunten Chaos verlief eine bewegte rosa Linie, mal dicker, mal dünner, schwungvoll und leicht.

Ich erinnere mich noch gut, wie ich mein Bild in die Mitte legte und der Gruppe die einzelnen Symbole und ihre Bedeutungen erklärte und von mir erzählte.
"Und das hier", sagte ich dann und deutete auf die rosa Linie, "ist mein Schreiben. Es ist immer da, mal mehr, mal weniger, aber es hat immer Platz in meinem Leben."
Die anderen sahen nachdenklich auf mein Bild.
"Das Schreiben trägt alles", sagte Barbara.

Samstag, 4. Dezember 2010

Die Macht über meine Zeit

Geduld gehört nicht zu meinen Tugenden.
Wenn ich irgendwo warten musss, in einem Geschäft mal wieder an der falschen Schlange stehe, mit dem Auto am Kamener Kreuz feststecke oder frierend die Durchsage auf dem Bahnsteig höre: "... verspätet sich wegen Gleisarbeiten um eine halbe Stunde", sage ich mir immer wieder: Jetzt ist es deine Chance, dich in Geduld zu üben.

Schwieriger wird es, wenn andere meine Zeit stehlen, um mir ihre Macht zu demonstrieren. Chefs haben gerne solche Taktiken. Sie bestellen einen zu einem Gespräch, um ihn dann vor ihrem Büro noch eine Weile zappeln zu lassen. Je schlechter der Chef, umso ausgeklügelter sein Wartesystem.

Noch schlimmer wird das Warten, wenn man warten muss, damit andere frei darüber verfügen können, wann du in seine Zeit passt. Man spürt dann, dass man ein kleines Rädchen im Getriebe der anderen ist - das untere Ende der Nahrungskette, wie meine Kinder immer sagen.

Gestern im Krankenhaus spürte ich wieder einmal dieses Gefühl. Ich kann es fast nicht ertragen.
Mein Vater musste für eine Woche zu einer Bahndlung in eine Uniklinik. Er sollte um 10.00 Uhr erscheinen.  Wir hatten eine weite Anfahrt und mussten uns früh auf den Weg machen. Mein Vater war sehr aufgeregt.

Nachdem wir das Labyrinth Uniklinik mit all den Anmeldungen in all den Terminals hinter uns gebracht hatten, saßen wir in dem Terminal-Stationszimmer und warteten.
Auf was? Auf wen? Niemand wusste es. Niemand sagte etwas. Niemand sah uns an.
Wir bekamen einen Stuhl zugewiesen und die Zeit verstrich.
Mit uns warteten noch zwei Frauen. Auch sie wussten nicht, warum sie kein Zimmer zugewiesen bekamen.

Ich hätte Verständnis dafür, wenn Notfälle dazwischen gekommen wären, wenn die Station überfüllt wäre, wenn ein großes Chaos geherrscht hatte.
Doch ich hatte dieses Warten schon vor zwei Wochen genauso erlebt. Und nun überkam mich das Gefühl: Das machen sie hier immer so. Sie bestellen einen möglichst früh, dann haben sie freien Zugriff auf deine Zeit.
Die Zeit des Patienten ist unwichtig, und die des Begleiters sowieso.

"Auf was warten wir denn?", fragte mein Vater immer wieder ängstlich. "Haben wir uns nicht angemeldet?"
Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus, fragte höflich, wie wohl der Zeitplan der nächsten Stunde aussähe. Ob wir vielleicht in die Caféteria gehen könnten, oder sogar die Zeit durch einen kleinen Spaziergang nutzen könnten. Doch ich hatte die falsche Frau im Getriebe gefragt. Eine Schwesternschülerin. Sie war nicht zuständig.
Nach zwei Stunden platzte der anderen Frau der Kragen, und sie forderte, die Stationsschwester zu sprechen. Wieder wurde sie abgewiesen. Wieder war niemand zuständig.
Jetzt stellte ich mich neben sie, beschwerte mich ebenfalls, dann kam die dritte Frau dazu. Gemeinsam waren wir stark.
Nun passierte etwas. Betten wurden hin und her geschoben, Bettwäsche wurde geholt, Nachtschränkchen wurden besorgt.
Nach einer weiteren Stunde hatten alle ein Zimmer.

Ich möchte niemals einen Beruf haben, in dem mir meine Kunden, Patienten, Klienten oder Zuhörer egal werden und ich nicht mehr in der Lage bin, das Leben aus ihrer Perspektive anzuschauen.

Donnerstag, 2. Dezember 2010

Et voilá, Mr. Bachelor

Dieser nette junge Mann an meiner Seite mit Barett und Talar ist mein Sohn Nils. Er hat am Wochenende in einer Fakultätsfeier seine Bachelorurkunde überreicht bekommen.

Bachelor, was ist das denn? fragt mein Vater immer wieder irritiert.
Naja, früher nannte man das Vordiplom, und es wäre niemandem in den Sinn gekommen, das zu feiern. Heute feiert man das als erste Hürde im Studium.

Ziemlich überzogen ist es dann, dass man sich auch schon mit Barett und Talar fotografieren lassen kann. Normaler Weise trägt man so etwas ja, wenn man seine Promotion geschafft hat.
Aber vielleicht ist es gar nicht so schlecht, diese Kleidung schon vorher anzuprobieren. Nachher müht man sich über Jahre mit einer Doktorarbeit ab, und dann stellt man fest, dass einem Schwarz überhaupt nicht steht. Und dass diese Bommelmütze vielleicht auch nicht mehr so in ist...

Mittwoch, 1. Dezember 2010

Veränderte Weihnachten

In dieser Zeit vor Weihnachten wird mir doch immer bewusst, wie sehr sich mein Leben verändert hat, seit die Kinder ihrer Wege gehen und ich nicht mehr in der Schule bin.
Die Adventszeit aus der Perspektive eines Erwachsenen ist alltäglicher.
Früher hätten wir heute das erste Törchen aufgemacht, in der Schule hätte ich eine Weihnachtsgeschichte vorgelesen, die Kinder hätten die Kerzen angehabt.

Jetzt sitze ich am PC, danach ist der Haushalt dran und für den Umzug müssen so langsam die ersten Sachen gepackt und ausrangiert werden. Auch eine Schreibarbeit ist dringend zu erledigen. 
Das ist Alltag pur.
Natürlich ist das Haus geschmückt, im Garten liegt Schnee, ein paar Weihnachtsfeiern stehen an, aber die Weihnachtsstimmung von früher will sich nicht einstellen.

Ich muss einen eigenen Umgang mit der Weihnachtszeit finden, eine Zeit der Ruhe und Besinnlichkeit.
Nicht so einfach!