Freitag, 29. September 2017

Ja sind Sie nicht…



Ich bummele durch die Stadt, genau genommen über den Buttermarkt. Auf hölzernen Thron des „Liebeskusses“ sitzt eine ältere Frau, ein Mann versucht, sie mit seinem Handy zu fotografieren.
„Wollen Sie sich nicht dazu setzen? Dann fotografiere ich Sie beide“, schlage ich vor.
Der Mann freut sich, kuschelt sich neben seine Frau, die beiden lächeln einander an. Ich knipse.
Als ich mich umdrehe, habe ich die Aufmerksamkeit einiger Menschen auf mich gezogen. Eine Frau kommt zu mir.
„Ja sagen Sie, sind Sie nicht die, wo immer in der Zeitung steht“, fragt sie im typisch Thüringer Slang.
„Genau“, sage ich.
„Das ist ja toll, dass ich Sie mal in Echt erlebe“, fährt sie fort. „Ich lese das nämlich immer alles ganz genau, was Sie schreiben.“
„Und wie gefällt es Ihnen?“, frage ich.
„Ich sehe das immer ganz genau wie Sie“, sagt sie.

Donnerstag, 28. September 2017

Gutes Teamwork


Erinnert ihr euch noch an meinen Blogpost über mein Treffen mit Seif Arsalan im Verlag an der Ruhr. Seif wollte gerne mit mir zusammen einen Klar-Reality-Roman über seine Flucht aus Syrien und sein Leben in Deutschland schreiben, und sowohl ich, als auch der Verlag hatten Lust, das zu begleiten.
Seif ist ein zuverlässiger Mensch, und da er mit einem wahnsinnigen Ehrgeiz und Willen Deutsch gelernt hatte, war es ihm möglich, tatsächlich einen sehr bewegenden Roman zu schreiben. Jetzt war es meine Aufgabe, den Text zu überarbeiten, hier und da den Spannungsaufbau zu erweitern oder wörtliche Reden hinzufügen.
Die korrigierten Texte wanderten täglich mehrfach hin und her.
In den letzten Tagen war Seif von einem Virus in die Knie gedrängt worden und konnte nicht zur Schule gehen. Das war unsere Chance, so richtig ranzuklotzen.
Morgens um sieben die erste Mail: „Hier ist wieder ein Kapitel“… und eine Stunde später die Antwort: „Schon zurück.“ Dann die nächste Mail: „Kannst du noch? Dann habe ich noch ein Kapitel für dich.“ Und die Antwort nach einer Stunde: „Fertig. : )))“  Nachmittags haben wir dann echt noch ein Kapitel durchgearbeitet.
Stress pur – aber guter Stress!
Bisher habe ich mit allen Klar-Reality-Autoren immer life gearbeitet, darum war ich mir ein bisschen unsicher, ob es auch virtuell klappt. Gott sei Dank ist Seif ein verantwortungsvoller Typ, der ganz eigenständig arbeitet und nicht ständig motiviert werden muss. So haben wir heute den ersten Durchgang des kompletten Buches geschafft. Jetzt noch ein zweiter Durchgang, dann geht das Manuskript an Caroline Köhne vom Verlag.
Eins kann ich euch Lesern schon mal versprechen: Es ist eine berührende Geschichte geworden.


Mittwoch, 27. September 2017

Unter Zeugen



So, meine Lieben. Jetzt mache ich euch direkt zu meinen Zeugen. Hier nämlich in dieser dicken Bücherkiste sind die Belegexemplare zu dem Roman „See you – ich sehe dich“, den ich in meiner Stadtschreiberzeit in Gotha geschrieben habe und der auch in Gotha spielt. Gestern und heute habe ich einige Bücher mit Signaturen versehen und an verschiedene liebe Menschen der Stadt verteilt (und meine Verschenkaktion ist noch nicht beendet!).
Auf dem Foto oben seht ihr Herrn Märtin, den Pressesprecher der Stadt, der in Gotha für alle Stadtschreiberprobleme zuständig ist. Selbstverständlich hat auch er ein signiertes Exemplar erhalten.

Dienstag, 26. September 2017

Neo-Luther

 
Die Stadtbibliothek Gotha ist ein Ort, an dem ich immer ganz besonders gerne verweile, und an der ich auch schon viele schöne Veranstaltungen gegeben und noch viel schönere besucht habe. (Und jetzt winke ich mal schnell zu Nicole, Ronny, Ute und all den anderen netten Mitarbeitern rüber.)


Am Montag gab es eine witzige Veranstaltung zum Lutherjahr, ein intergeneratives Kunstprojekt. Nach einem Vortrag über Graffiti wurden wir eingeladen, uns selbst im Sprayen zu versuchen. Okay, okay, für uns Anfänger war das natürlich so ein bisschen „Malen nach Zahlen“, aber wer weiß, welche herausragenden Kräfte sich daraus noch entfalten werden. Zumindest kriegten wir ein Gefühl davon, in welche Richtung wir sprühen mussten und wie dick die Farbe zu sein hatte, damit sie nicht wegfließt.
Ich zumindest hatte eine sehr inspirierende Aufgabe: Ich durfte nämlich Martin-Luthers Mund in Quietschorange sprühen. 



Außerdem gab es noch eine weitere gute Aktion. Es wurde ein „Thesenanschlag“ durchgeführt – jede These ein Wunsch an die Stadt.
Viel Publikum war gekommen, und so kann man hoffen, dass der eine oder andere Wunsch weitergetragen wird. 
Hier übrigens die drei kreativen Grafffiti-Künstler und Initiatoren.




Montag, 25. September 2017

Deutschland nach der Wahl



An dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an alle Wahlhelfer, die sich den Sonntag um die Ohren schlagen und manchmal bis kurz vor Mitternacht die Stimmen zählen müssen. Allein eineinhalb Stunden benötigt man oft, um die Briefe der Briefwahl zu öffnen, berichtete mir ein Bekannter, der als städtischer Angestellter bei jeder Wahl dienstverpflichtet wird.
„Wenn du mal eine gute Tat tun willst, melde dich freiwillig. Einer wird es dir danken“, sagt er oft.
Also beschloss ich, mich an diesem Sonntag in Gotha als Wahlhelferin zu melden und einem dienstverpflichteten Helfer einen freien Sonntag zu schenken. Aber was soll ich euch sagen? In Gotha brauchte man mich nicht. Es hatten sich genügend Helfer eingefunden.
So hatte ich tatsächlich einen ungeplanten freien Tag.
Vielleicht wäre die Wahl aber etwas besser verlaufen, wenn ich schon bei der Ausgabe der Stimmzettel ein paar Sätze zur AFD gesagt hätte… Es entsetzt mich und macht mich richtig unglücklich, dass sie hier im Osten so hohe Ergebnisse erzielen. Die wenigen Ausländer, die es hier gibt, wirken oft völlig verfroren, verloren und heimatlos. Vor denen muss man doch nicht solche Geschütze auffahren! 

Donnerstag, 21. September 2017

Freundinnenbesuch


 

„Wie schön das hier ist!“, rufen meine Freundinnen begeistert, als sie mich in meiner Stadtschreiberwohnung im Brühl besuchen. Interessiert gehen sie von Zimmer zu Zimmer, bestaunen schließlich den Blick aus dem Fenster auf die Altstadt.
Meine Freundinnen Ulla und Maria aus Paderborn haben sich im Augustinerkloster einquartiert und sind ganz erfüllt von der Ruhe und der ungewöhnlichen Stimmung, die diese Unterkunft bietet.


Wir starten einen Bummel durch Gotha. Ich führe sie die Erfurter Straße entlang, dann über den Ekhofplatz bis zur Friedrichstraße, weiter durch den Park der Orangerie. Dann geht es unterhalb des Schlosses durch den Englischen Garten auf den Hauptmarkt zurück, einen Schlenker über den Buttermarkt und zurück über die Erfurter Straße zum Brühl. Meine Freundinnen sind begeistert. Sie haben den Eindruck, dass Gotha ziemlich groß ist und dass man schnell die Orientierung verlieren kann.
Abends bei Sekt und schönem Essen besprechen wir all die spannenden Dinge, die nur Freundinnen miteinander besprechen können. Es wird spät und als ich sie abends durch das Treppenhaus zur großen Holztür begleite, ist allen ein bisschen unheimlich zumute.

Am nächsten Tag wünschen sie sich einen schönen Spaziergang, möglichst ohne Auto zu fahren, aber mit Ausblick auf Gotha.  Wir wandern zum Kranberg hinauf und besichtigen Gotha vom Bürgerturm aus, lassen uns dann im Berggarten auf einen Kaffee nieder. Das Wetter ist auf unserer Seite. Die Sonne scheint uns liebevoll ins Gesicht. Auf dem Rückweg ist besonders Ulla als leidenschaftliche Walnussesserin überwältigt von den vielen Walnussbäumen, die den Weg zieren. Wir brauchen für den Abstieg fast zwei Stunden…

Mir hat es Spaß gemacht, meine Heimat auf Zeit zeigen zu können und mich daran zu erfreuen, dass sie auch anderen gefällt.  

Montag, 18. September 2017

Und wieder eine Gestalttagung

 

Alle zwei Jahre steht sie wieder an, die Tagung für Gestaltpädagogik. Da ich eine lange Ausbildung in Gestaltpädagogik gemacht habe, fühle ich mich dieser Gruppe noch immer ganz stark verbunden, auch wenn ich schon so lange nicht mehr in der Schule bin. Darum mache ich mich auch diesmal wieder auf den Weg zur Tagung, die in Weilburg stattfindet.
Es ist nicht zu übersehen: Auch die Gestaltpädagogik ist ein kleiner Kreis geworden, wie vielen Gruppen und Vereinen fehlt der Nachwuchs. Für mich ist das immer sehr traurig zu sehen, weil die Ausbildung zu den wichtigsten Dingen gehörte, die ich in meinem Leben gemacht habe, und ich ihr irgendwie zu verdanken habe, dass ich mein Leben recht gut auf die Reihe kriege.
Nun sind wir ein kleiner Kreis von 40 Teilnehmern, und trotzdem ist da diese Intensität, einander zuzuhören und aufeinander einzugehen. 




Viele tolle Workshops stehen an, ein interessanter Büchertisch vom Verlag Andreas Kohlhage ist aufgebaut, es gibt viele tiefe Gespräche, nebenbei leckeres Essen und abends ein lustiges und wildes Fest. Gestalt eben…
In einem Workshop über „Gestalt und das Lesen von Romanen“ finde ich mich plötzlich als Katniss Everdeen (Tribute von Panem) wieder. Das ist ein eindringliches Erlebnis.
Leider geben diese schlechten Handyfotos nichts von dem wieder, was man auf dieser Tagung erlebt, aber sie hatte zur Folge, dass ich die Rückfahrt behutsam antrat und den Abend nachdenklich bei einem Tee auf dem Sofa verbrachte.

Freitag, 15. September 2017

Und plötzlich rast die Zeit


„Alles wird kostbar durch seine Begrenzung“, pflegte ein lieber Freund immer zu sagen. Das spüre ich im Moment sehr. Am 12. November endet meine Stadtschreiberzeit in Gotha. Bis zum 12. November sind es noch fast zwei Monate, also länger, als die Sommerferien sind, versuche ich mir immer zu sagen. Aber es ist das typische Sommerferien-Phänomen. Am Anfang denkt man sich noch: Ist doch eine lange Zeit, und wenn die Hälfte erst mal rum ist, überschlagen sich die Ereignisse und das Ende rückt schmerzlich in Sicht.
Ich habe unendlich viele Termine, die auch so schön und spannend sind, dass ich ihnen nicht gerecht werde, wenn ich sie „Termine“ nenne. Es gibt so vieles zu sehen, so vieles, über das ich noch schreiben kann, viele Veranstaltungen, an denen ich teilnehme… und dann ist ja auch noch meine Premierelesung, bei der ich hier in Gotha mein Buch vorstelle.
Manchmal betrachte ich meine Wohnung und denke daran, dass ich das eine oder andere schon mal packen könnte – die Sommersachen, Bücher, die gelesen sind, Krimskrams, der sich angesammelt hat - nur für den Fall, dass ich in der nächsten Zeit noch mal nach Hause fahre… Das ist ein seltsames Gefühl.




Mittwoch, 13. September 2017

Zu Besuch bei den Rotariern


Den Rotary Club kenne ich auch aus meiner Heimatstadt von verschiedenen sozialen Projekten. Unter anderem verhalfen sie zwei netten Schülern aus meinem Sprachkurs portugiesisch zu einem Schüleraustauschjahr in Brasilien, was die beiden überglücklich machte. Schon das allein hat mich immer positiv für sie eingenommen.
An diesem Abend bin ich bei den Rotariern in Gotha eingeladen.
Zu meiner Verwunderung erwartet mich eine reine Männergruppe. Rotary sei aber schon lange keine Männerorganisation mehr, erklärte mir Sven Hertzschuch, der den Rotary Club in Gotha leitet. Aber überwiegend würden nach wie vor Männer zu den Treffen kommen.
Für mich ist das kein Problem. Im Gegenteil. Ich finde die Gruppe auf Anhieb interessant und klug.
Nach einem leckeren Abendessen erzähle ich ein bisschen von meinem Leben als Stadtschreiberin in Gotha, berichte vom Schreiben und meinen Büchern und schildere dann den Eindruck, den ich ganz subjektiv von Gotha habe, was schön ist, was mir aufgefallen ist, und was vielleicht noch zu verbessern ist.
Ein lebendiges Gespräch entsteht und setzt sich auch noch nach dem Treff für eine Weile fort. 


Dienstag, 12. September 2017

Wahlkampf

 
Als ich am Samstag vom Bahnhof in Mülheim an der Ruhr zum Verlag gehe, gerate ich mitten in den Wahlkampf. Die Parteien haben ihre Stände rund um den Platz gestellt, verteilen Flyer, Argumente und Werbegeschenke. Ich habe mich für euch ins Getümmel gestürzt und mal geguckt, was die Parteien so zu bieten haben.
Zuerst schaue ich bei der SPD vorbei. Hier bekomme ich einen roten Kugelschreiber.

Okay, seien wir ehrlich, so ganz einfallsreich ist es nicht, aber es gibt auch noch selbstgebackenen Kuchen, der ziemlich lecker aussieht und eine Kindermalaktion. Alles in allem sieht es am Stand aktiv und kreativ aus.
Gegenüber steht der Stand der AFD. Mutig schaue ich auch dort vorbei und entdecke einen pinkfarbigen Sticker, doch als ich die Hand danach ausstrecke, werde ich gleich in eine Diskussion verwickelt und mache mich hastig und ohne Sticker aus dem Staub.

Weiter geht es zur CDU. Die lassen sich nicht lumpen. Auch hier gibt es einen Kuli, diesmal in wildem Orange, außerdem einen Einkaufschip. Das sind alles ganz praktische und alltagstaugliche Dinge, und mit dem Chip gelingt es der CDU ja vielleicht sogar, die Wirtschaft weiter anzukurbeln. Bei dem Keks überkommt mich allerdings die Sorge, dass ich ihn schon vor vier Jahren einmal bekommen habe. Aber abends muss ich dann feststellen, dass er gut schmeckt und frisch ist. Es ist offenbar eine Neuauflage von 2013.

Weiter geht es zu den Grünen. Ihre Wahlgeschenke sprechen mich am meisten an. Die Windmühle ist fröhlich, und ich beschließe, sie meinen Enkeln mitzubringen. Ist ja immer wichtig, dass man die Kinder frühzeitig für Politik interessiert. Außerdem gibt es hier eine Einkaufstasche aus grünem Stoff, auch das ist eine gute Idee. Ich nehme sie aber nicht mit, weil ich sie definitiv nicht brauche.
Gerne wäre ich auch noch zur FDP gegangen, aber sie glänzte durch Abwesenheit. Auch die Linken waren erst gerade damit beschäftigt, ihren Stand aufzubauen – verständlich, es war ja gerade erst 14.00 Uhr, und warum sollte man immer so früh aufstehen, um den Wurm zu fangen.
Gerade will ich weitergehen, da setzt ein wahnsinniger Regenschauer ein. Ich flüchte unter das Dach eines Einkaufszentrums und muss von dort zusehen, wie auch die Parteien fluchtartig ihre Sonnenschirme zusammenklappen und die Prospekte retten. Nur das Zelt der SPD ist regensicher, und die Kindermalaktion kann weitergehen.
Wenigstens einer, der in Krisenzeiten dem Wetter etwas entgegenzuhalten hat.


Sonntag, 10. September 2017

Autorentreffen beim Verlag an der Ruhr


Acht Jahre ist es nun her, seitdem wir Klar-Autoren uns gemeinsam am Verlag an der Ruhr kennen gelernt haben. Jetzt wurde es Zeit für ein Wiedersehen. Caroline Köhne, Jennifer Weingartz und Lisa Hartmann vom Verlag hatten ein schönes Programm zusammengestellt, und wir KLAR-Autoren Petra Bartoldi y Eckert, Florian Buschendorff, Armin Kaster, Kurt Wasserfall und ich waren aus verschiedenen Orten Deutschland zu diesem Treffen angereist.

Es gab eine nette Zeit für Gespräche am leckeren Fingerfood-Buffet, aber auch informative Rückblicke und Ausblicke auf gemeinsame Projekte, die sehr interessant waren, außerdem eine kreative Ideenschmiede, bei der wir unterschiedliche Meinungen und Ideen zusammentrugen. Besonders gemütlich war auch der schöne Abend bei mediterranem Essen in einem schicken Mülheimer Restaurant.


Ich hatte auch noch ein nettes nächtliches Plauderstündchen (oder auch zwei) mit Petra Bartoli in einer kleinen Kneipe an der Ruhr bei einem weiteren Gläschen Riesling.
Schön war`s, und ich danke euch allen für den schönen Tag, der noch einmal zeigte, wie gut und harmonisch die Zusammenarbeit zwischen uns ist. 

Freitag, 8. September 2017

Papas Prinzessin und der Starfriseur

 
 
Die Reihe der Comicromane geht weiter. Am 15. September erscheinen beim Hase & Igel-Verlag zwei weitere Comicromane:
„Wie ich nicht mehr Papas Prinzessin sein wollte … und die Soccermädels zum Sieg führte“ heißt der Titel des 4. Romans.
Dilaria ist die Prinzessin ihrer männlichen Familie. Sie hat ihre Mutter früh verloren und wächst mit ihrem Vater und ihren vier Brüdern auf. Alle vergöttern sie einerseits, bürden ihr aber gerne die Arbeit im Haus auf. Doch Dilarias Herz schlägt für den Fußball.


Der Roman „Wie Tamina mich abblitzen ließ … und ich der beste Friseur der Stadt wurde“ handelt von dem Afghanischen Flüchtling Farin, der von seiner Familie, die in München lebt, herzlich aufgenommen wird. Zum Dank hat er sich vorgenommen, seine Cousine Tamina zu heiratet. Doch Tamina hat andere Vorstellungen vom Leben, und so muss auch Farin neue Pläne entwickeln. Er macht ein Praktikum im Frisiersalon und bemüht sich, sich in Deutschland zu integrieren. Dann begegnet er Tamina wieder.

Alle Romane sind auch als gemeinsames Prüfpaket  zu erhalten.


Donnerstag, 7. September 2017

Akademiker



Ärzte legen immer einen besonders großen Wert auf ihren Titel. Darum achte auch ich bei der Anmeldung darauf, dass mein Dr-Titel mit in die Kartei aufgenommen wird.
Der Arzt ist aufmerksam. Er versucht, mich in ein medizinisches Gespräch zu verwickeln, erkennt aber schnell, dass ich passen muss.
„Ich bin kein Mediziner“, sagte ich.
Es folgt ein mitleidiger Blick.
„Immerhin Akademiker“, sagt er anerkennend. „Die Politiker sind ja leider immer weniger Akademiker, und das merkt man auch.“
Schulz zum Beispiel fällt ihm ein. Der habe letzthin Homer ganz falsch zitiert. Da merke man doch, dass der noch nie ein Buch gelesen habe.
„Ich denke, der war Buchhändler“, bemerke ich verwundert.
Aber auch da habe ich offensichtlich keine Ahnung. Der Arzt weiß es besser. Seine Schwester war Buchhändlerin und er habe dort nur ausgeholfen, erfahre ich jetzt. Und Alkoholiker sei er auch gewesen.
„Ach wissen Sie, ich finde Menschen immer viel interessanter, bei denen nicht alles glatt gelaufen ist“, sage ich. „Brüche im Leben sind doch spannend. Und wenn jemand eine schwere Lebenskrise bewältigt hat, ist das doch sehr anerkennenswert. Akademiker mit Akademiker-Eltern, möglichst noch gut betucht, das kann ja jeder“
Dem hat er nichts mehr hinzuzufügen.
Ich überlege, ob ich noch hinzufüge: „Schließlich bin ich Schriftsteller“, aber ich verkneife es mir. Sonst kommt er noch auf die Idee, mich Homer korrekt zitieren zu lassen. 

Montag, 4. September 2017

Gothas Illuminaten



Ich gehe über die Kreuzung des Bertha-von-Suttner-Platzes und zähle die Schritte. Sechs große Schritte sind es bis zur ersten Verkehrsinsel, sechs noch größere bis zur nächsten und sechs kleine bis zum nächsten Bürgersteig. 3 x 6! Da ist sie wieder, diese geheimnisvolle Zahl. Die Illuminaten sind unter uns, schießt es mir durch den Kopf.
Dann aber zwinge ich mich zu konzentrieren. Denn erstens ist diese Kreuzung nicht ungefährlich, und zweitens bin ich noch immer ziemlich aus dem Puschen. Diese Führung mit Matthias Hey durch den Mysteriengarten hat mich irgendwie verwirrt.
Es gab bei dieser Parkbesichtigung Momente, in denen ich dachte: Nee, das glaube ich jetzt aber nicht. Oder auch: Das will ich aber erst mal in Ruhe im Internet recherchieren. Dann aber nahm mich diese Führung so gefangen, dass ich am liebsten den Einen-Dollar-Schein behalten hätte, um mir diese kleine Eule noch mal ganz in Ruhe anzuschauen.
Aber noch mal ganz in Ruhe und von vorne. Vielleicht gehören Sie ja zu den Menschen, die noch nicht an der Führung teilgenommen haben, und Sie wissen darum überhaupt nicht, wovon ich rede. (Übrigens, wenn Sie sich diese Führung bis jetzt entgehen gelassen haben, ändern Sie das schnellstens. Glauben Sie mir, solche klugen, interessanten, witzigen, schrägen und spannenden Führungen gibt es nur selten, und ich habe mir von ganzem Herzen gewünscht, mein langweiliger Geschichtelehrer hätte nur ein Fünkchen von diesem inspirierenden Wissen gehabt, den Matthias Hey auf dieser Nachmittagsspaziergang versprühte).
Also wie versprochen ganz von vorne. Es fing damit an, dass mir einige von diesem ganz besonderen Park unterhalb des Herzöglichen Museums erzählten, der irgendwie mit den Illuminaten in Verbindung gebracht wurde. Eine Insel solle es da geben, die ein Geheimnis berge. Außerdem einen Tempel, der nicht immer zu sehen sei. Häufig ging ich dort spazieren, fotografierte und schaute mich um, aber das Geheimnis erschloss sich mir nicht wirklich.
Gott sei Dank gibt es diese Illuminatenführung mit Matthias Hey, dem Fraktionsvorsitzenden der SPD, der mittlerweile seit neun Jahren große Besuchergruppen durch den Park begleitet und von den Geheimnissen der Illuminaten erzählt.
Eigentlich bin ich noch im Sommerurlaub, doch Matthias Hey bietet nur im Sommer Führungen an, und so mache ich mich extra für diese Besichtigung auf den Weg nach Gotha. Wir sind eine große Zuhörerschar in allen Altersgruppen. Da die Führung kurzweilig, und neben allen Informationen auch sehr unterhaltsam ist, bleiben alle aufmerksam, sogar die Kinder.
Zunächst erfahren wir einiges über den Ordonnanzgarten, der sich an die Orangerie anschließt und in einen englischen Garten übergeht. Über Gärten und ihre Anlagen weiß ich bis dahin noch sehr wenig, und so höre ich gespannt zu.
Dann aber geht es in diesen geheimnisvollen Mysteriengarten, der von dem Freimaurer und Illuminat Ernst II angelegt wurde, der mit seiner Familie auf der Insel mitten im Park beerdigt wurde. Nur die geheimnisvolle Sphinx erinnert daran, dass sich hier ein herzögliches Familiengrab befindet.
Ansonsten schreiten wir andächtig gegen den Uhrzeigersinn von Sonnenplatz zu Schattenplatz, betrachten, wie sich die Landschaft nur nach wenigen Schritten verändert, wie die Insel nie wirklich als solche zu erkennen ist. Wir zählen die Säulen und Ornamente des kleinen Merkurtempels und erkennen immer wieder die Sprache der Illuminaten. Und spätestens als wir andächtig diese Dollarnote betrachten oder der Codierung des Barcodes nachsinnen, kriecht dem einen oder anderen Besucher ein Schauer über den Rücken. Bei mir führt es dazu, dass ich die Schritte am Bertha-von-Suttner-Platz zähle und zu der Erkenntnis komme, dass die Illuminaten längst nicht ausgestorben sind.
Aber wie sagte Matthias Hey in dem Zitat des Begründers der Illuminaten Johann Adam Weishaupt immer wieder: „Es ist nicht möglich, alles in einem Augenblick zu schauen.“ Und so werde ich noch mal ganz in Ruhe und allein dort spazieren gehen und mich noch einmal ein wenig erleuchten lassen.


Freitag, 1. September 2017

Gotha – die Zweite



Pünktlich zum Herbstanfang bin ich wieder in Gotha, die zweite Hälfte der Schreibzeit beginnt. Es ist immer noch warm, obwohl sie im Autoradio pausenlos über den Regen berichten, der das kühle Wetter nach sich zieht.
Vor meiner Wohnungstür hängt ein kleines Geschenk – ein lieber Gruß der Wilhelm-Hey-Gesellschaft, die sich so über meine Kolumne gefreut haben, dazu ein Glas selbstgemachte Lindenblütenmamelade. Das ist ein toller Anfang.
Es ist schon später Nachmittag, als ich einen Schlenker durch die Stadt mache. Nach der Einsamkeit des Spreewaldes habe ich hier das Kontrastprogramm. Viele Menschen sind unterwegs, Touristen stehen auf dem Marktplatz, die Rathausuhr schlägt. Ich fühle mich irgendwie zu Hause.
Ich schaue bei FranX vorbei, der seine Modeboutique zu einem Kaffee umgebaut hat. Dann bummele ich durch die Stadt. In den Geschäften hängen die T-Shirts als Angebote am Eingang – ansonsten hält hier der Winter Einzug. Das ist mir überhaupt nicht recht. Ich habe in diesem Jahr nicht genug Sommer erlebt!
In der nächsten Zeit stehen viele Termine an, ein Treffen mit dem Verlag an der Ruhr, eine Tagung, die Lesung in der Stadtbibliothek, in der ich mein Buch vorstellen werde, weitere Lesungen in Schulen und im Rotaryclub, meine geliebte Schreibwerkstatt mit diesen netten schreibbegeisterten Frauen, einige Freundinnenbesuche, die wissen wollen, wo ich gelandet bin, und dann noch ein spannender Termin auf der Frankfurter Buchmesse, auf den ich mich sehr freue.
Ich schreibe ein paar Mails, melde mich zurück und beschließe, mir für die nächsten Tage ein Rad auszuleihen, um die Radwege rund um Gotha zu erkunden. Auf diese neue Idee freue ich mich schon.