Donnerstag, 31. Mai 2012

Marder Heinrich - die Letzte


Vielleicht habt ihr euch schon einige Male gefragt, wie es mit unserem Marder Heinrich weiter gegangen ist. Um ehrlich zu sein, wir wissen es nicht. Seit einigen Wochen ist Heinrich verschwunden. Vielleicht fiel er einem Fuchs oder einem Auto zum Opfer. Das wäre traurig. Wahrscheinlicher aber ist, dass er sich jemand anderen gesucht hat, der ihm bessere Lebensbedingungen bot als wir. Dieses Schlecker-Billigfutter ist ja nichts für die Ewigkeit, auch diese verdrahteten Dachrinnen und die Lebendfalle auf dem Garagendach waren ihm wohl auf Dauer etwas stressig. Nun haben wir unsere Nächte wieder für uns allein. Die Marderfalle wird wohl zwischen all dem anderen nutzlosen Zeug im Keller landen. Immerhin hat sie gute Dienste geleistet. Wenn auch nicht die, die wir erwartet hatten. 

Dienstag, 29. Mai 2012

Geschwisterliebe


Vor einigen Tagen auf dem Bauernhof:
Max spielt mit seiner Schwester Klara im Hof Pferdchen. (Max ist das Pferd!) Die alte Bäuerin kommt dazu.
„Was willst du denn später mal werden?“, fragt sie.
Die Antwort kommt prompt. „Bauer!“ Dabei schaut Max sehnsüchtig zu dem großen Trecker hinüber.
Die Bäuerin schüttelt entgeistert den Kopf. „Das ist aber kein guter Beruf“, meint sie. „Dann findest du nämlich später überhaupt keine Frau.“
Max schaut sie überrascht an. Damit hat er sich offensichtlich noch nie auseinander gesetzt.
„Was soll ich denn mit einer fremden Frau?“, sagt er, und seine Stimme klingt fast ein wenig weinerlich. „Ich habe doch Klara.“
Da schlingt seine Schwester ihre Arme fest um ihn.
„Wir haben das schon besprochen“, erklärt sie der verblüfften Bäuerin und wirkt dabei sehr selbstbewusst. „Wir heiraten beide nicht. Wir bleiben später immer zusammen.“
Jetzt lacht Max erleichtert. Und dann schlingt auch er seine Arme fest um seine Schwester.
Na bitte. Dass Erwachsene immer so Stress machen müssen!

Montag, 28. Mai 2012

Grundschullektüre "Auf Klassenfahrt und Vatersuche"


Als ich aus dem Pfingsturlaub zurück mein Arbeitszimmer betrete, wartet eine schwere Bücherkiste auf mich. Meine Grundschullektüre „Auf Klassenfahrt und Vatersuche“ ist erschienen.
Diese Klassenlektüre ist ein ganz besonderes Buch, ein Buch aus zwei Perspektiven. Two-in-One, könnte man diese Art von Buch nennen, denn wenn man die eine Seite des Buches aufschlägt, liest man die Geschichte von Finnja, dreht man das Buch um 180 Grad, liest man die Geschichte von Philipp.
Finnja ist mit ihrer Klasse auf Klassenfahrt in Hagensbrunn. Durch Zufall hat sie heraus gefunden, dass ihr Vater Peter Puchalski in diesem Ort lebt. Jetzt will sie ihn suchen und ihn fragen, warum er sich nie mehr bei ihr gemeldet hat.
Philipps Mutter und ihr Freund leiten gemeinsam die Jugendherberge. Auch Philipp muss oft mithelfen, doch er verdient sich auf die Weise ein gutes Taschengeld. Außerdem ergeben sich gute Möglichkeiten, die Schüler durch Geisterstunden zu erschrecken.
Philipp und Finnja begegnen einander, und Finnja vertraut Philipp ihr Geheimnis an. Peter Puchalski? Den Mann kennt Philipp nur zu gut. Er ist nämlich der Freund seiner Mutter.
Jungen lesen ein Buch nicht gerne, in dem ein Mädchen die Hauptrolle spielt, und auch Mädchen winken ab, wenn sie das Gefühl haben, ein Jungenbuch zu lesen. Bei diesem Perspektivwechsel haben Schüler und Schülerinnen gleichermaßen die Möglichkeit, sich mit dem Protagonisten zu identifizieren. Außerdem  können sie die jeweilige Geschichte auch aus einer anderen Perspektive erleben. Das Lesen im Unterricht wird so zur Interaktion zwischen verschiedenen Lesegruppen.
Passend zur Lektüre gibt es auch Unterrichtsmaterial für die Schüler. 



Sonntag, 27. Mai 2012

Großelternpflichten


Heute Morgen hatten wir uns bereit erklärt, unseren Enkel ein paar Stunden zu hüten. Himmel, waren wir aufgeregt. Timmy kannte uns doch kaum. Und ob wir das alles mit dem Wickeln und Fläschchen geben noch auf die Reihe bringen würden…?
Ich sag euch: Enkelkinder sind ein Schatz! Timmy grinste uns an, und als wir mit ihm durch den Park schoben, schlief er ein. Dann pennte er geschlagene drei Stunden lang und lächelte dabei engelsgleich vor sich hin.
Das hätte ich mir als Mutter gewünscht!!!
Nach drei Stunden hätten wir ihn zurück bringen sollen, aber wir hatten ihm  doch sein Fläschchen noch gar gegeben und die Windel noch nicht gewechselt. Also weckten wir ihn irgendwann sanft. Auch das quittierte er mit einem fröhlichen Grinsen, strampelte dann vergnügt vor sich hin und brabbelte.
Es war gar nicht so leicht für uns, ihn wieder abzugeben.

Samstag, 26. Mai 2012

Langes Wochenende


Mit unserem Wohnmobil sind wir ins lange Pfingstwochenende gestartet. Ich habe vergessen, wie erholsam das Campen ist. Wir besuchen natürlich auch die Familie meines Sohnes Alexander, und ich sehe endlich Timmy wieder. Er hat schon zwei Zähnchen gekriegt.
Ansonsten chillen, lesen und das Wetter genießen. 
(Foto: Lappland)

Donnerstag, 24. Mai 2012

Die Geschichte von Stella Negri



Heute will ich von der Jugendlichen erzählen, mit der ich gemeinsam das Buch „Verletzt“ geschrieben habe. Sie nennt sich Stella Negri. Den Kontakt zu ihr bekam ich über eine Sozialarbeiterin.
Stella lebte mit verschiedenen anderen Mädchen in einem sehr schönen Heim. Es lag in einem kleinen Dorf, umgeben von Wald, Feldern, Tieren und netten Menschen. Trotzdem war sie oft unglücklich. Sie vermisste die Großstadt, das Leben auf der Straße. Sie sehnte sich nach Gesprächen mit Punks, sie vermisste das Kiffen und sie brauchte viel Kraft, sich nicht mehr zu ritzen.
Manchmal lief sie stundenlang durch den Wald, bis ihr die Beine furchtbar weh taten. Manchmal ließ sie heißen Tee die Kehle hinunter laufen. So ließ es sich einigermaßen aushalten. Die tiefen Narben auf ihren Armen zeigten aber von dem anderen Leben, das sie lange geführt hatte.
Stella empfing mich zwar immer mit freundlichem Lächeln, doch dahinter lag eine Tür, die verschlossen blieb. Sie redete wenig, schrieb aber unendlich viel Tagebuch, malte und klebte Collagen, schrieb Kurzgeschichten und Briefe. Sie hatte den großen Wunsch, das Buch mit mir zusammen fertig zu stellen, doch die Arbeit war nicht einfach. Diese Berge an Geschriebenem, die nicht immer zusammen passte, stellten mich vor die schwierige Aufgabe, aus dem Chaos ein Buch zu machen. 
Stella hatte ein unglaublich schweres Leben. Ihre drogenabhängige Mutter kümmerte sich kaum um sie, der Vater verließ die Familie, und so wuchs Stella überwiegend bei ihrer großen Schwester und anderen Punks in Spanien auf. Schon früh wurde festgestellt, dass Stella HIV positiv war. Als der Vater irgendwann nach Spanien fuhr, um seine Kinder zu besuchen, war er entsetzt über die Bedingungen, unter denen sie lebten. Darum nahm er sie mit zu sich nach Frankfurt. Doch Stella vermisste ihre Mutter, ihr Land und die Punks. Als ihre ältere Schwester nach Spanien zurück kehrte, verlor Stella den Boden unter den Füßen. Sie begann, sich zu ritzen, riss schließlich von Zuhause aus und lebte auf der Straße. Dann folgte ein langer Aufenthalt in der Psychiatrie, bis sie schließlich in diesem Heim landete, in dem ich sie kennen gelernt habe.
Heute lebt Stella übrigen mit ihrem Freund Marco zusammen in Spanien. Sie haben zusammen ein Kind.

(Foto: Laserstrahl)

Mittwoch, 23. Mai 2012

Vom Kauf eines Badeanzugs


Ich gehöre zu den Frauen, die weder gerne einkaufen, noch einen Schuhtick haben. Das allergrößte Shopping-Übel allerdings ist ein Badeanzug. Den Tag gestern hatte ich dazu ausgesucht.
„Du kannst machen was du willst, du wirst schrecklich in dem Ding aussehen“, sagte ich mir immer wieder, während ich todesmutig mit drei Badeanzügen über dem Arm in die Umkleide stolperte.
Ich hatte mich geirrt. Das Wort schrecklich ist steigerungsfähig. Und ich sah in der Tat monsterschrecklich aus.
Die erste Schwierigkeit war, dieses furchtbare Teil überhaupt über den Bauch zu kriegen. Danach klebte es wie eine Leberwurstpelle an meinem Körper und malte besonders die ungünstigsten meiner Körperrundungen detailgetreu nach. Aus den Bein- und Armausschnitten kroch meine weiße Haut, wellenbewegt wie der Atlantik bei Windstärke 12. Ein einziger Albtraum.
Spontan überlegte ich, den Einkauf auf einen anderen Tag zu verschieben. Aber ich wusste genau: Es wird nicht besser.
Ich hängte die drei Badeanzüge zurück, suchte fünf neue, wählte schließlich sieben weitere. Eigentlich durfte man nur drei Teile mit in die Kabine nehmen, aber die Verkäuferin traute sich nicht, mich darauf hinzuweisen. Sie sah mir bestimmt an, dass ich kurz vor dem Ausbruch einer schweren Depression stand.
Zuletzt habe ich tatsächlich einen gekauft. Aber glaubt mir, er sieht schrecklich aus. Und das liegt wirklich nicht an dem Badeanzug! 

(Foto: Wandbemalung auf einem Campingplatz am Plauer See)

Dienstag, 22. Mai 2012

Das soziale Netz


Wenn mein Alltag vom Stress bestimmt wird, spüre ich, wie meine Welt klein wird. Der Blick ist fixiert auf die Entfernung vom Schreibtischstuhl zum Bildschirm. Ich bin eine Insel.
An diesem Nachmittag löse ich mein Versprechen ein, besuche meine langjährige Freundin zum Geburtstag und fahre dazu weit. Sie steht schon auf der Auffahrt, winkt und lacht. Ich treffe auf ihre Familie, auf alte Freunde, auf gute Bekannte und nette Unbekannte, auf Kinder, Jugendliche und einen riesengroßen Hund. Es gibt Erdbeerkuchen und selbstgemachte Limonade. Ich sitze im Garten und genieße die guten Gespräche. Es wird allmählich dunkel, und ich sollte eigentlich mal wieder starten, doch dann quatsche ich mich noch einmal fest, und dann noch einmal.
Als ich endlich losfahre, ist der Ruhrschnellweg fast frei. Ich fühle mich lebendig und fröhlich.
Ich bin immer so schnell bereit, meine sozialen Kontakte für den Beruf zu opfern. Dabei sind gerade diese langjährigen Freundschaften das Netz, das trägt.