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Die Jugendrichterin Frau Schwerdtner mit der Praktikantin Frau Satir |
Schon häufiger habe
ich über das Projekt „Lesen statt Strafe – Aus Büchern lernen“ berichtet, in
dem Jugendliche, statt eine Sozialstrafe auferlegt zu bekommen, dazu verpflichtet
werden, ein Buch zu lesen. Diese Bücher sind vom Jugendgericht ausgewählt. Der
Jugendliche hat dann nicht nur die Auflage, das Buch zu lesen, er muss auch den
Inhalt schriftlich wiedergeben und durch Beantworten der Fragen zeigen, dass er
sich mit dem Buch auseinander gesetzt hat. An diesem Projekt
beteiligt sich auch die Jugendgerichtshilfe Goslar.
Nun hatten sie ihre
Jugendlichen zu einer Lesung von mir in den Gerichtssaal eingeladen – damit, so
die Jugendrichterin Frau Schwerdtner, der Gerichtssaal auch mal positiv in Erinnerung
ist.
Und trotzdem waren
wir uns so unsicher, ob die Jugendlichen auch kommen würden. „Es ist ein großes
Experiment“, sagte Herr Weber, der Sozialarbeiter, immer wieder. „Erwarten Sie
nicht zu viel. Vielleicht kommen nur fünf. Vielleicht aber auch fünfzehn. Aber
wenn wir Pech haben, ist auch niemand da.“
Als wir in Goslar
über den Parkplatz zum Gericht hinüber rennen, schüttet es vom Himmel herunter,
wie eine kalte Dusche. Wir sind uns ziemlich sicher: Bei dem Wetter macht
sich niemand auf den Weg zu einer Lesung.
Im Gerichtssaal sieht
es ehrfürchtig aus. Der Anklagetisch ist als Lesetisch umfunktioniert, die
Zuschauerbänke sind noch leer. Dann finden sich irgendwann zwei Jugendliche
ein, schließlich kommen auch noch die Frau von der Presse und ein weiterer Herr
vom Jugendamt.
Das war`s also,
denken wir alle. Doch dann öffnet sich die große schwere Doppeltür, und so nach
und nach treten immer wieder gruppenweise junge Menschen ein. Einige kommen mit
größerer Verspätung, aber sie kommen. Ich bin total gerührt.
Ich lese aus den
Reality-Büchern, die Jugendlichen hören aufmerksam zu. Fragen gibt es wenige. Doch
das ist überhaupt nicht wichtig. Ich sehe den Jugendlichen an, dass es sie
interessiert.
Nach der Lesung
bleiben noch einige für persönliche Fragen, darunter auch ein Mädchen, das
schon mal mit mir Kontakt über Mail aufgenommen hatte. Sie hatte eine Buchvorstellung in ihrer Klasse zu dem Buch "Das erste Mal" gemacht und
dafür eine Eins bekommen, wie sie überglücklich verkündet.
Beschwingt fahren wir
nach der Lesung zurück. Hach, das war mal wieder eine ganz besondere Erfahrung!
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Einige der Jugendlichen, links und rechts des Bildes die Sozialarbeiter Herr Wippermann und Herr Weber |