Samstag, 29. September 2018

Letzte Lesungen



So langsam lasse ich die Zeit der Lesungen für mich ausklingen. Natürlich wird es immer noch Schulen geben, denen ich mich besonders verbunden fühle oder Orte, an denen ich besonders gerne bin, aber prinzipiell habe ich mir vorgenommen, die Lesungen mehr und mehr einzuschränken.
Eine der letzten Lesungen führte mich an die Grundschule in Leopoldshöhe Nord im Kreis Lippe – da hatte ich es nicht so weit zu fahren, und ich genieße es, mal wieder an der Grundschule zu sein. Aber die Einladung für das kommende Jahr schlage ich schon mal aus.
Die aktive Zeit der Lesungen ist eine tolle und bereichernde Zeit gewesen, aber sie ist eben auch sehr unruhig und oft mit weiten Fahrten, manchmal auch mit mehreren Übernachtungen verbunden. Jetzt trete ich in der Hinsicht kürzer.
Geblieben ist mein Schreiben. Da das der schönste und wichtigste Teil meines beruflichen Lebens ist, wird das auch immer bleiben, ist sogar mehr und abwechslungsreicher geworden. Für diesen Bereich möchte ich in Zukunft noch mehr Zeit investieren.

Mittwoch, 26. September 2018

Schreiben für Ausländer



Seit einiger Zeit bekomme ich immer mal wieder Anfragen des Hueber-Verlages, Lektüren für jugendliche Ausländer, die deutsch lernen möchten, zu schreiben. Diese Arbeit ist eine echte Herausforderung. Eigentlich bin ich es ja gewöhnt, einfach zu schreiben. Aber diese Lektüren für Ausländer sind auf ein bestimmtes Sprachniveau festgelegt, das das Goetheinstitut mit A 1, A 2 oder B1 und B 2 definiert. A 1 beinhaltet beispielsweise einen Wortschatz von 650 Wörtern, auf den ich zurückgreifen muss. Ok, ich darf in Ausnahmefällen auch mal ein Wort verwenden, das nicht in der Liste steht, aber ich muss es dann mit diesem 650-Wörter-Wortschatz erklären. Das Schreiben mutiert damit zu einer Scrabble-Leistung. Mit einer Wortschatzliste an meiner Seite ringe ich um jeden Satz.
„Lotte sitzt in der hinteren Reihe und lässt Lasse nicht aus den Augen“, will ich zum Beispiel schreiben. Aber „hinteren“ ist nicht in der Liste. Ich verwende schließlich „letzten“. „Reihe“ ist natürlich auch nicht drin – das werde ich erklären müssen. Auch „aus den Augen lassen“ befindet sich nicht im A1-Wortschatz. Nach langem Suchen entscheide ich mich für „beobachten.“ So wird aus meinem Satz „Lotte sitzt in der letzten Reihe und beobachtet Lasse.“ Seien wir ehrlich – kreatives Schreiben sieht anders aus. Aber ich gehöre ja auch zu den Menschen, die gerne Sprachen lernen, und ich weiß, wie viel Spaß es macht, mal eine kleine Lektüre und nicht immer ein stures Arbeitsbuch zu lesen. Und ich weiß darum auch, wie schnell man auch gefrustet ist, wenn man zu viele Vokabeln nachschlagen muss.
Es gibt übrigens auch etwas Spannendes an meiner Arbeit. Seit ich diese Lektüren schreibe, ist der Zugriff auf meine Homepage international geworden – von Argentinien über Japan bis Uruguay ist alles vertreten!


Montag, 24. September 2018

Ich kann`s noch



Heute gibt es mal ein Selfie – ein Halbselfie, genau genommen. Ich ungeschminkt, mit feuchten Haaren und nassem Halsausschnitt. Seid froh, dass ihr mich nicht riechen könnt. Ich muffele nämlich ziemlich nach Schweiß. Ich komme gerade aus der Mukkibude, wo ich sonntags immer besonders gerne den Spinning 3-Kurs besuche. Spinning ist schon verdammt anstrengend, aber Spinning 3 ist etwas für total Durchgeknallte. Dazu gehöre ich nicht unbedingt, schließlich bin ich ein sehr strukturierter und vernünftiger Mensch, aber der Kurs versetzt mich immer für kurze Zeit in einen Rauschzustand, und danach weiß ich: Mannohmann, ich kann`s noch! In dem Alter und nach der langen Pause, und wo ich doch eigentlich nie in meinem Leben besonders sportlich war. Und wisst ihr, woran das liegt? In dem Kurs gibt es so viel zu tun – Geschwindigkeit erhöhen, setzen, aufstehen, erhöhen, faster, runterfahren, racing, erhöhen, raus aus dem Sattel, faster, faster … setzen, recover (2 Sekunden) und wieder raus aus dem Sattel, faster, setzen, racing… Ich habe gar keine Zeit zu überlegen, ob mir das alles zu anstrengend ist.

Freitag, 21. September 2018

Die Neue Rechte



 
Der Maaßen hat ziemlich fragwürdige Äußerungen zu den Vorfällen in Chemnitz gemacht, und dafür muss er gehen. Seehofer verhindert das und befördert ihn sogar, klar dass er nun auch seinen Stuhl nehmen muss. Die Nahles versucht, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen und Merkel die Verantwortung in die Schuhe zu schieben. Klarer Fall: Dafür muss sie ebenfalls gehen. Und die Merkel – die haben wir uns sowieso schon lange satt gesehen. Sie ist prinzipiell an allem schuld, denn sie trägt ja die Regierungsverantwortung. Weg! Weg! Weg! ist die Devise. Diese alten Gesichter haben wir schon viel zu lange gesehen. Es muss Platz geschaffen werden für neue, damit wir auch da die Möglichkeit haben, an ihrem Sockel zu sägen.
Schon lange sind wir mit den etablierten Parteien durch. Sie verschwimmen mit ihren Parteiprogrammen in Grauzonen und verlieren immer mehr an Kontur. Nur die Rechten stehen da, aufrecht und klar, mit geballten ausgestreckten Armen. Aber die wollen wir ja auch nicht. Da sind wir uns alle einig. Und wir kommen uns so mutig und wichtig vor, wenn wir „Stop dem Rassismus“ rufen.
Dabei übersehen wir vielleicht, dass die Rechten längst nicht mehr aus dem schreienden „Ausländer raus“- Mob bestehen. Auch unter ihnen gibt es kluge Köpfe, die leise im Hintergrund die Strippen ziehen. Erinnern wir uns: In Sachen Manipulation waren die Rechten immer verdammt gut.
Und während wir uns noch gegen alles stellen, und die Rücktritte von allen fordern, merken wir gar nicht, wie uns die Neue Rechte händereibend und leise in die Arme der AfD treibt.



Dienstag, 18. September 2018

Weiterentwicklung



Manchmal, wenn eine Sache ganz gut läuft, informiert man sich gar nicht über die Weiterentwicklungen. So habe ich mich als Kontaktlinsenträger immer damit abgefunden, die Tageslinsen abends aus den Augen zu nehmen und danach mit Brille herumzulaufen. Durch Zufall – ein Zufallsgespräch im Fahrstuhl – erfuhr ich, dass es Linsen gibt, die man monate- oder auch jahrelang nicht herausnehmen muss und nachts einfach weiterträgt. Unglaublich, wie ich fand. Und jetzt sagt bitte nicht, dass ihr das schon ganz lange wisst…
Ich habe ein bisschen nachgeforscht und sie nun für mich bestellt. Erst war es ein bisschen ungewohnt, doch jetzt tragen sie sich, als wenn sie zu mir gehören. Und wenn ich jetzt nachts aufwache und kurzsichtig wie ich bin aus dem Fenster schaue, kann ich die Sterne sehen!

Freitag, 14. September 2018

Was, wenn sie ginge…



Sie sitzen einander gegenüber an einem Zweiertisch des Restaurants: Er die grauen Haare ein bisschen schludrig zu einem Zopf zusammengebunden, sie fein zurechtgemacht mit Bluse und Rock und kleinen Kreolen im Ohr. Während sie immer mal wieder irritiert zu ihm hinüberlächelt, blickt er die ganze Zeit auf sein Smartphone, scrollt sich durch die Seiten, schreibt mit beiden Daumen. Manchmal sagt sie etwas, und er antwortet, den Blick unverwandt auf das Display gerichtet.
„Das wird sich aber doch ändern, wenn das Essen kommt“, versuche ich, eine Erklärung zu finden. „Vielleicht hat er etwas Wichtiges zu erledigen. Ausgerechnet jetzt.“
Das scheint sie auch zu denken, denn sie lächelt nachsichtig.
Dann kommt das Essen, und es sieht toll aus, total lecker und so dekorativ zurechtgemacht. Sie wünscht guten Appetit. Und dann essen sie, sie mit Blick auf das Essen, er mit Blick auf das Display. Jetzt schreibt er nicht mehr, er liest.
Wenn sie jetzt ginge, denke ich, wäre das eine große Chance für Veränderung. Sie müsste nur ihre Tasche nehmen, schweigend vielleicht, vielleicht auch mit einer kleinen Notlüge, um ihn nicht zu beunruhigen. Dass sie nicht zurückkommt, würde ihm erst auffallen, wenn er sein Essen längst fertig gegessen hat, wenn er vielleicht ein weiteres Bier bestellen möchte oder um die Rechnung bittet. Dann würde er sich vielleicht fragen, ob da nicht jemand gesessen hätte. Und wo der wäre? Und ob dem etwas passiert wäre.
Und wenn sie ihn nicht beunruhigen wollte, könnte sie ihm einfach eine Whats-App schreiben. „Bin noch schön essen gegangen. Dir noch einen schönen Abend.“
Vielleicht wäre er dann erleichtert. Vielleicht auch nicht. Auf alle Fälle würde er beim nächsten Essengehen – mit wem auch immer – gelernt haben, das Smartphone in der Tasche zu lassen.

Dienstag, 11. September 2018

Platz für Science Fiction



Es ist nicht verwunderlich, wenn ein Land, in dem die Küsten rauer, die Luft nebeliger und die Landschaft einsamer ist, die Menschen auch ihrer Fantasie freien Lauf ließen. Sie erbauten trutzige Burgen und Schlösser, kämpften erbitterte Kriege und erschufen seltsame skurrile Geschichten. 
In einem kleinen Ort bei Cardiff wurde Roald Dahl geboren, einer der schrägsten, gruselig-witzigsten Autoren seiner Zeit.


Auch viele Science-Fiktion Filme spielten in Cardiff. Am Berühmtesten ist Torchwood, in dem diese seltsame Säule das Tor zum Torchwood-Institut bildete, in der die Zeitreisenden Jack Harkness und Ianto Jones die Erde vor Außerirdischen beschützen. Als Inato Jones irgendwann nach der 3. Staffel stirbt, bekommt er sogar in Cardiff eine eigene Erinnerungsstätte.


Samstag, 8. September 2018

Wales und die Royals


 
Mein Mann und ich verbringen nun ein paar Urlaubstage in Wales. Wales ist ein sehr abwechslungsreicher Teil Groß Britanniens, der aus grünen Bergen, der Küste, vielen Schafen, Burgen und den Royals besteht, jedenfalls wenn man, wie ich, Vereinfachungen mag.


Wir sind mit dem Leihwagen unterwegs. Mein Mann schlängelt sich tapfer durch den Linksverkehr, ich bemühe mich, nicht an jeder Ecke zu schreien. Besonders gruselig sind die „Rundabouts“, der Kreisverkehr, den es alle gefühlten 100 Meter gibt. So nach und nach wird es besser – und das ist auch gut so, denn auch die Straßen werden enger, und als Herausforderung sind sie auch noch mit großen Steinmauern begrenzt.


Wales ist ohne die Royals nicht denkbar. An dem imposanten Castle Caernarfon halten wir an und besichtigen es. Hier fanden jede Menge Krönungen und Kriege statt. Auch Prinz Charles wurde hier Prince of Wales. Ein Video zeigt ihn, wie er von seiner Mutter gekrönt wurde. Er sieht ziemlich verschüchtert unter seiner schweren Krone auf, und die weiße Stola, die er trägt, erinnert mich an die Häkelstola meiner Schwiegermutter. Erst später sehe ich auf einem Foto, dass seine Stola ein Zobel ist – es sind die Anfänge des Farbfernsehens, darum kann man das so undeutlich erkennen.
Hier noch mal ein paar schöne Fotos von Wales. Es ist ein tolles Land – nur die Sprache ist ein bisschen abenteuerlich. Aber okay, es ist ja auch das Land der Drachen.






Donnerstag, 6. September 2018

The winner is …



Ich gehöre nicht zu den Preisausschreiben-Mitmachern und Lottospielern, darum sind die Dinge, die ich in meinem Leben gewonnen habe, an einer Hand abzuzählen. Gestern aber schlug das Leben großzügig zurück. Auf einer Konferenzparty, zu der mich mein Mann mitgeschleppt hatte, wurden am späten Abend Lose verteilt, und weil schon so viele Teilnehmer gegangen waren, bekam ich gleich drei Lose überreicht. Mein Mann gab mir noch seine beiden, und ein weiter Mann drückte mir ebenfalls seins in die Hand, weil er gehen wollte. Da saß ich nun mit sechs Losen und lauschte etwas überfordert auf die vierstelligen englischen Zahlen, die in den Raum geworfen wurden. Ein weißes schmales Kästchen gab es zu gewinnen. Den Preis verstand ich nicht, aber ich hielt es für eine Flasche Wein oder Schnaps. Viele Zahlen verliefen ins Leere, weil sich niemand zu ihnen bekannte, bis es zu der Zahl 1184 kam. Das war meine. Ich meldete mich und erhielt unter großem Applaus das Kästchen. Und jetzt schaut euch den Preis mal an: Eine Apple Smartwatch – neuste Ausgabe. Okay, ich bin gar nicht der Typ, der mit einer Smartwatch herumläuft, die ständig den Puls misst und zur Fitness ermahnt, aber ich habe mich trotzdem tierisch gefreut. Jetzt werde ich wohl zu den seltsamen Menschen gehören, die mit ihren Uhren reden.


Dienstag, 4. September 2018

Shakespeare, die Schule und die Klassiker



Manche Lehrer haben ja ein Händchen dafür, den Schülern die Liebe zu den Klassikern vollständig auszutreiben. Wir jedenfalls lasen im Englischunterricht der Klasse 12 Macbeth. Das ist ja durchaus eine Herausforderung, aber unser Englischlehrer forderte mehr – wir lasen Macbeth in der altenglischen Fassung. Das führte dazu, dass ich mir neben der altenglischen Fassung noch die englische Fassung und die deutsche Übersetzung kaufte, aber nichts wirklich las und mich in diesen Schulstunden bei dem sowieso ziemlich arroganten Englischlehrer zu Tode langweilte. Der tote Shakespeare wurde für mich noch töter. „Töter wie tot“, sage ich gerne.
Das änderte sich erst, als meine Kinder in ihrer Schulzeit auf Macbeth trafen. An der Waldorfschule, zu der sie gingen, wurde in Klasse 10 ein englischer Shakespeare aufgeführt. Natürlich ging ich zu den Aufführungen der Kinder, aber ich besuchte auch die Klassenspiele der anderen Klassen und erlebte Romeo und Julia, Hamlet, Macbeth und den Mitsommernachtstraum. Die Liebe zu dem Stück stand den Schülern ins Gesicht geschrieben. Beneidenswert, dachte ich oft.
Ganz besonders in Erinnerung ist mir aber eine eigene Fortbildung, in der ein Shakespeare-Sonett im Mittelpunkt stand, das von uns rezitiert, später dann vertont wurde. Jemand entwickelte eine wundervolle Melodie auf einem Marimbaphone, und ehe ich mich versah, fand ich mich hinter einem großen Schlagzeug wieder, auf dem ich zart und behutsam einen Rhythmus zu schlagen hatte.

Gestern war ich in Stratford upon Aven, um Shakespeares Geburtshaus zu besichtigen. Im Garten rezitierte eine junge Schauspielerin auf Zuruf verschiedene Szenen aus verschiedenen Dramen. Sie zitierte auch dieses Sonett. Shall I compare thee to a summer`s day?

Sonntag, 2. September 2018

Wenn sich das Alte in dem Neuen spiegelt



Ich grüße euch aus Birmingham. Mein Mann hat hier eine Konferenz und mich freundlicher Weise gebeten, ihn zu begleiten. Ich finde England immer ziemlich verrückt, aber Birmingham übertrifft meiner Meinung nach sogar London. 


Hier sind die spiegelverglasten Hochhäuser so angelegt, dass sie alte Kirchen, Paläste oder Plätze in bizarren Formen wiederspiegeln, und das gibt ihnen einen ganz besonderen Stellenwert. Ehrlich gesagt finde ich das eine mutige Idee, die moderne Architektur zu integrieren.


Die schräge Mode ist ja irgendwie in England erfunden worden, darum habe ich euch auch noch ein paar Schaufensterpuppen fotografiert. Senf scheint die Farbe des Herbstes zu werden – das ist die verrückteste Idee, die ich kenne, denn diese Farbe steht schlichtweg niemandem.
Aber auch die vielen Obdachlosen in den Hauseingängen und die zahlreichen bettelnden Drogenabhängigen sind nicht zu übersehen.
Abends ist unter den Engländern großes Styling angesagt. Besonders die Frauen tragen Schuhe, die jede Orthopädenkasse klingeln lässt. Kurze Zeit später liegen dann aber auch die ersten gestylten Betrunkenen – Männer wie Frauen – auf den Bürgersteigen.