Seit einigen Jahren trage ich in unserer
Straße die Kirchenblättchen aus. Ja, ihr habt richtig gelesen. ICH! Die
Kirchenblättchen!!! Das mache ich nicht, weil ich so christlich bin. Auch
nicht, weil ich mich so sehr mit unserer Kirche verbunden fühle. Ich mache es
vor allem, weil in unserer Straße so viele ältere Menschen leben, die dieses Heft
gerne lesen, es aber niemanden gibt, der es verteilt. Für die Menschen aber,
die nicht zur Kirche gehen, ist das Kirchenblatt oft der einzige Kontakt zu
ihrer Kirche.
Unsere Kirchenblättchen sind kleine schön
gestaltete Hefte mit Geschichten rund um die Kirche, mit einer lustigen
Kinderseite und natürlich den wichtigen Informationen, wer wann getauft,
konfirmiert, getraut oder beerdigt wurde, und wer wieder mal ein Jahr älter
geworden ist.
Das Austeilen ist schnell gemacht. Ich düse
mit dem Rad die Straße entlang und werfe es in die Briefkästen. Nur an einem
schönen Sommertag kann es schon mal länger dauern, denn dann sind viele ältere
Menschen im Garten und freuen sich über eine Unterhaltung.
Für mein letztes Kirchenblättchen muss ich
immer noch ein ganzes Stück die Straße entlang fahren, bis ich zu einem großen
Gut komme. Hier lebte lange Zeit eine alte Frau ganz allein. Sie hatte das
Schild: „Achtung, frei laufender Hund“ vor ihrem Eingangstor, aber ich wusste,
dass ihr Hund schon viele Jahre tot ist.
Dieses Gut ist immer ein bisschen unheimlich,
weil es so abseits liegt. Kein Wunder, dass mir eines Tages genau vor dieser
Pforte eine Geschichte zuflog. Ein Kurzkrimi, der in dem Buch „Kriminell gut
lesen“ veröffentlicht wurde. So hat auch das Austeilen der Kirchenblättchen
etwas Inspirierendes.
(Foto: St. Rome du Tarn, Frankreich)