Wieder einmal will ich das Thema „Deutscher
Jugendliteraturpreis“ aufgreifen. Vielleicht erinnert ihr euch, dass ich hier schon einmal darüber berichtet habe, denn
seit Jahren gehen die nominierten Bücher der Auswahlliste überwiegend an
Übersetzungen. Nun hat sich eine Autoren-Initiative gegründet und dem
Bundesministerium und der Jury eine Stellungnahme zugeschickt. Natürlich habe
auch ich den Brief unterzeichnet.
Der Brief war sehr ausführlich, sachlich,
klar und differenziert. Was nun aber zurück gemeldet wird, lässt einen am Verstand
der Menschheit zweifeln. Natürlich wird in Deutschland jemand, der sich für
nationale Belange einsetzt gleich zum Nazi stilisiert – das war ja zu erwarten.
Die Autoreninitiative wird aber auch ganz persönlich beleidigt. Hier ein Auszug aus dem Brief an eine der Initiatorinnen von der Leiterin eines Jugendleseclubs: „Wären Sie
15 Jahre alt und säßen in meinem Leseclub, würde ich das alles verstehen.
Aber Sie sind 39, scheuchen die Welt auf und stehlen mir und einer Reihe
anderer viel Zeit. (…) Wenn Sie sich ausgeheult haben und erwachsen werden,
melden Sie sich (…).“
So viel Häme und Ignoranz tut mir für die
ganz besonders Leid, die die Initiative ergriffen haben.
Mich hat dieser Preis sowieso immer ziemlich
kalt gelassen. Seit ich als jugendliche Vielleserin mal mein ganzes Taschengeld
gespart habe, um mir die Hardcoverausgabe einer Preisträgerin zu kaufen, das
Buch aber nach 50 Seiten irritiert zur Seite gelegt habe (sicherlich eins der
wenigen Bücher, die ich nicht zu Ende gelesen habe), habe ich festgestellt, dass
die Jury und ich in zwei völlig unterschiedlichen Welten leben.
Insofern, mein ganz lieber Dank an alle
Kollegen, die dieser Initiative so tapfer und unerschrocken ihre Zeit zur Verfügung stellen, außerdem mein Kommentar an die Jury: Schielt doch einfach weiter
auf die Bestenliste der englischsprachigen Kinderliteratur, dann könnt ihr
keinen Fehler machen.Und solltet ihr wider Erwarten eines Tages den Preis einmal mir zukommen lassen, stellt ihn mir einfach vor die Haustür.
Manche Mühlen mahlen langsam. Es hat ja auch
Jahrhunderte gedauert, bis mal eine Frau den Nobelpreis für Literatur bekommen
hat.
Übrigens, vielleicht interessiert euch auch
die Unterschriftenliste der Autoren. Wir sind nämlich ziemlich viele!
(Foto: Brasilien)
Liebe Annette,
AntwortenLöschendiese Kommentar in der Antwort ist eine absolute Frechheit. Und es zeigt mal wieder, wie abfällig häufig im Jugendbuchbereich gedacht wird. Sprüche nach dem Motto "Werden Sie erwachsen" sind somit das Dümmste, was man an dieser Stelle von sich geben kann. Wenn man dann erwachsen geworden ist, schreibt man auch keine Jugendbücher mehr, wie? Das erinnert mich doch sehr an das Infantilitäts-Geschwafel über die Erwachsenen, die zum Jugendbuch greifen, das wir vor ein paar Monaten schon einmal hatten.
Der fehlende Respekt zeigt deutlich, wie nötig diese Initiative ist.
Als Mutter geht es mir jedenfalls gehörig auf die Nerven, dass meine Söhne in der Schule so gut wie nie deutsche Jugendbücher lesen, sondern immer bestsellererprobte Übersetzungen. Mit dem Jungen, der in Alaska um sein Überleben kämpft, können sie sich ja ach so gut identifizieren.
Schade, dass wir in Deutschland so wenig von uns halten.
Liebe Grüße
Nikola
Ja, es bleibt einem schlicht die Spucke weg ob all der Unterstellungen, Anfeindungen und der Häme, die einem als geballte Ladung entgegenschlagen. ABER: Wir sind beinahe 500 unterzeichnende Kinder- und Jugendbuchschaffende. Das sind zu viele, um ignoriert zu werden. Und wir werden nicht gedemütigt schweigen, sondern weitermachen.
AntwortenLöschenEine Autorenkollegin, die in Frankreich lebt, hat heute in meinem Blog geschrieben, dass das Ausland diese harschen Reaktionen sehr befremdet zur Kenntnis nimmt. Das kann ich als Schweizerin bestätigen. Wir haben mehrere nationale Buchpreise, im Kinder- / Jugend- und Erwachsenenbereich und wären nicht einmal auf die Idee gekommen, das zu hinterfragen. Wir signalisieren dem Ausland damit: Das sind unsere Preisträger. Das ist unsere Literatur. Diese Preise sind Botschaften, diese Preisträger Botschafter unserer Literatur. Das heisst aber noch lange nicht, dass wir nur Schweizer Autoren lesen. Im Gegenteil.