„Sie nehmen das Zimmer rechts“, sagt die
Vermieterin der Ferienwohnung in Bamberg und führt mich in ein schickes
Apartment im 2. Stockwerk ihres Hauses.
„Ihr Kollege kommt erst gegen 19.00 Uhr.“
„Mein WER?“, frage ich irritiert.
„Ja hat man Ihnen das nicht gesagt? … Ach,
Sie kennen sich gar nicht…“
Nein, dass ich mir eine Wohnung mit einem
Kollegen teilen soll, hat mir niemand erzählt. Es irritiert mich ein wenig. Hoffentlich ist
er nett. Autoren können manchmal so kleinlich sein. Es gibt auch viele, die
pausenlos von ihren Büchern reden.
Abends lerne ich ihn kennen. Er heißt CollinMcMahon, und ist genauso irritiert wie ich, die Wohnung mit einer Unbekannten
zu teilen.
Gott sei Dank ist er total sympathisch. Wir setzen uns
noch zusammen und erzählen über uns und unsere Familien. Collin ist Amerikaner und
in Deutschland aufgewachsen. Er berichtet
von seiner Frau, seinen Zwillingstöchtern und seinem Hund. Es ist lustig, sich mit
ihm zu unterhalten.
Über die Arbeit reden wir kaum. Collin hat
noch nicht mal die Bücher dabei, die er geschrieben hat. Die hat er für die Lesung
im Auto gelassen.
Erst am nächsten Tag bringt er sie auf mein
Drängeln mit in die Wohnung und zeigt sie mir. Er hat beim Loewe-Verlag eine Fantasiereihe
für Kinder erstellt, die sich „Das
Zauberschwert“ nennt und Cyberkrimis für Jugendliche geschrieben. Mit diesen
Büchern ist er auch zu den Lesungen an Grundschulen eingeladen. Außerdem
schreibt er Drehbücher und macht Übersetzungen. Seine berühmteste Übersetzung
ist die zu Gregs Tagebüchern.
Auch jetzt brennt ihm ein Abgabetermin für eine
Übersetzung unter den Nägeln. Ich überlasse ihm die große Wohnküche und bummele
durch Bamberg. Als ich zurückkomme, ist er in seine Arbeit versunken und taucht
erschrocken aus einer anderen Welt auf.
Am nächsten Tag ist die Übersetzung auf den
Weg gebracht. Collin ist gut gelaunt und erleichtert. Ein bisschen Zeit, sich
zusammen zu setzen. Bei einer Lesung haben wir eine Flasche guten Frankenwein
bekommen. Den trinken wir gemütlich und erzählen.
Es ist schön, mal nicht allein in einem
Hotelzimmer abzuhängen. Eine Wohngemeinschaft mit einem Kollegen ist auf alle
Fälle eine lustige Alternative. Jedenfalls wenn es ein so netter Typ wie Collin
McMahon ist.
Oje, mir fielen sofort ein paar Kollegen ein, mit denen ich keinesfalls eine Wohnung teilen möchte. Wie schön, dass du es so gut getroffen hast!
AntwortenLöschenHerzlichst
Marie
(gerade sehr froh über "keine Lesereisen")
na, der sieht ja schon richtig nett aus...er hat sich nachher bestimmt genauso gefreut wie Du.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Heidi
Frei nach dem Motto "man hat im Urlaub das Wetter, das man verdient", könnte man hier sagen, dass du offenbar den netten Mitbewohner auch verdient hast. Huch, wenn das ein Drachen gewesen wäre...
AntwortenLöschenWenn es passt ist das super! Du hattest Glück...
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