Freitag, 10. April 2015

Der Neunzigste


Eigentlich liebt er es, seinen Geburtstag zu feiern.
„Und an meinem Neunzigsten lasse ich es so richtig krachen“, sagt er, und dann lacht er fröhlich.
Nun steht er an, der Neunzigste, und er wird ängstlicher und unruhiger.
„Habe ich eigentlich schon die Einladungen verschickt?“, fragt er immer mal wieder. Und auch: „Habe ich eigentlich genug Gläser?“
„Alles geregelt“, winken wir ab. „Du weißt doch, wir sind Meister im Organisieren. Du musst dich um gar nichts kümmern. Nur genießen.“
Aber das fällt ihm diesmal so schwer.
„Nur noch der Neunzigste“, sagt er manchmal. „Und dann reicht`s mir langsam.“
Und dabei sind wir nicht sicher, ob er nur den Geburtstag oder auch das Leben meint.
„Wenn es dich so unruhig macht, lass uns alle wieder ausladen und deinen 91. Geburtstag groß feiern“, schlage ich vor.
Aber das will er nicht.

„Ich rege mich ja gar nicht auf“, sagt er. „Aber habe ich eigentlich genug Kleiderbügel für alle?“

1 Kommentar:

  1. Oh Gott, wie berührend! Und wie liebevoll du das beschreibst. Hoffentlich kann er seinen Tag geniessen!
    Herzlich
    Gabriela

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