Montag, 30. Oktober 2017

Urlaub zu Hause



Fast eine Woche lang war ich nun zu Hause. Ein Arztbesuch stand an, außerdem eine Lesung und der Geburtstag eines meiner „Kinder“. Vorsichtig taste ich mich an die Zeit heran, die demnächst auf mich zukommt, wenn meine Stadtschreiberzeit zu Ende ist, an dieses Heimatgefühl, das ich wieder neu definieren muss. Ich gehe mit meinem Mann in unsere Lieblingspizzeria, ich laufe eine Runde um den See, ich treffe mich mit einer Freundin, und ich genieße meinen perfekten Schreibtisch mit den drei Monitoren. Das Schönste aber ist das Schlafen im eigenen Bett. Ich schlafe mal zur Abwechslung wie ein Bär in der Winterruhe.
Nun liegen noch knappe zwei Wochen Schreib- und Lesezeit in Gotha vor mir. Der Terminkalender ist eng gestrickt. Aber auch darauf freue ich mich.

Dienstag, 24. Oktober 2017

Wie konntest du, Annette?



Ich habe viele Facebook-Freunde. Viele Schüler sind darunter. Die wenigsten kenne ich persönlich.
Vor einigen Tagen bekam ich eine Nachricht mit dem Messenger von Facebook. „Bist du das, Annette?“ Und darunter war der Link eines Youtube-Videos zu sehen.
Den Jugendlichen, der mir diese Nachricht schickte, kannte ich nicht. Ich ignorierte die Nachricht.
Wenig später kam eine weitere Nachricht eines anderen Jugendlichen. „Wie konntest du, Annette?“
Ich muss gestehen, dass ich ein wenig unruhig wurde. Immerhin konnte ich sehen, dass 300 000 Leute auf den Youtube-Link geklickt hatten. Aber seien wir mal ehrlich, selbst wenn ich einen lässigen Strip hingelegt hätte, hätte ich doch nicht 300 000 Zugriffe bekommen, oder?
Als ich dann aber vorsichtig mit dem Mauszeiger über den Link ging, konnte ich in der Adresse die Buchstaben php sehen. Das ist ja meist ein Hinweis für ein Programm, das beim Anklicken ausgelöst wird. Also beherrschte ich mich – und vergaß die Nachricht wieder.
Zwei Tage später bekam ich wieder eine Message: „Oh! Bist du das, Annette?“ Diesmal kannte ich den Absender. Also schrieb ich ihm zurück. „Ist diese Mail wirklich von dir? Was ist auf dem Video zu sehen. Ich will da nicht draufklicken.“ Die Antwort kam schnell: „Ist ein Virus. Beim Anklicken schickt er den Virus an alle Freunde weiter.“
Und wisst ihr, woher er das wusste? Arggggggggg….  Der Ärmste! Da hilft nur Password ändern. 

Freitag, 20. Oktober 2017

Verspätung



Ich habe mich mit einer lieben Freundin auf eine Pizza verabredet. Zur verabredeten Zeit verlasse ich meine Wohnung und warte an einer Stelle auf sie, an dem ich den Hauptmarkt und einen Teil der Fußgängerzone im Blick habe. Sie kommt nicht.
Der Bäcker nebenan holt seine Schilder herein, die Änderungsschneiderei schließt ihr Geschäft. Ich schaue auf die Uhr. Zehn nach sechs ist es nun. Eigentlich ist es nicht ihre Art, verspätet zu sein. Aber ich gebe ihr ein akademisches Viertelstündchen. Dann noch fünf Minuten. Schließlich rufe ich an. Sie ist sofort am Apparat.
„Wir wollten eigentlich heute Abend Pizza essen“, erinnere ich sie vorsichtig.
„Oh nein! Das habe ich komplett vergessen! Das ist mir ja noch nie passiert“, schreit sie entsetzt. „Du bist schuld!“, ruft sie dann. „Ich lese nämlich gerade dein Buch. Jetzt bin ich auf Seite 120, und es so spannend. Ich bin total abgetaucht …“
Also, wenn das eine Ausrede war, war sie gut!
Wir treffen uns eine Stunde später – und es wird ein lustiger Abend.  

Dienstag, 17. Oktober 2017

Sehenswürdigkeiten in Thüringen


 


Das Ende der Stadtschreiberzeit rückt in Sicht. Ich habe schon so viel hier gesehen und erlebt, aber es gibt genauso viele Dinge, die ich noch nicht gesehen und erlebt habe. Ich erstelle mir eine „Must -See-Liste“ und notiere Sehenswürdigkeiten, die ich unbedingt noch besichtigen muss. 



Das Schloss Molsdorf gehört dazu. Es liegt in der Nähe von Erfurt und ist gerade jetzt in der Herbstzeit wunderschön.



Auch der Baumkronenpfad des Nationalpfades Hainich gehört zu den „Must- see“ auf meiner Liste. Da ich in meiner Familie nur von Höhenpanikern umgeben bin, mache ich mich ganz in Ruhe allein auf Klettertour. Es ist überhaupt nicht gefährlich, man muss sich nur immer wieder sagen, dass ja nichts passieren kann.
Herbst im Hainich ist ein unglaubliches Erlebnis.
 

Sonntag, 15. Oktober 2017

Die Buchmesse am Samstag


Es gibt Dinge, die man sich in diesem Leben nicht so oft antun sollte. Eines davon ist die Buchmesse in Frankfurt an einem Samstag. Menschenmassen stolpern durch die Gänge, immer wieder bilden sich endlose Schlangen vor einem Stand, weil dort jemand signiert oder ein Interview gibt. Es ist zwar bunt und lustig mit den interessanten Cosplayern in ihren tollen Gewändern, aber das Gedränge und die Hitze in den Hallen ist unbeschreiblich … und dann diese Schlangen vor dem Klo…
Aber so ist sie eben, die Buchmesse an einem Samstag, und wer Massen nicht mag, der sollte sich einen Platz in der Sonne im schönen Außenbereich des Messegeländes suchen.
Ich habe einen spannenden Termin mit einem spannenden Verlag zu einem ultraspannenden Projekt, der nur an diesem Samstag möglich war, und nur darum nehme ich diese Chaos auf mich. Gesehen habe ich nicht wirklich viel.
Aber Frankfurt, der Bleistiftturm, die Cosplayer, der Geruch von Döner und Kaffee, die Seifenblasenherzen vor der Messeskyline und die unendliche Schlange für Flake von Rammstein sind eigentlich auch unvergessene Eindrücke. Bücher? Ach so, die soll es da wohl auch geben … irgendwo zwischen dem Gewühle.


Dienstag, 10. Oktober 2017

Kleine Gesten


 

Es ist einer dieser unglaublich stürmischen Herbsttage. Die Menschen haben sich in ihre Wohnungen zurückgezogen. Der Marktplatz ist fast leergeräumt. Nur ein Blumenhändler versucht, seine Blumen und Gestecke vor dem Wind in Sicherheit zu bringen. Hektisches Kramen ist aus dem Lieferwagen zu hören.
Ich eile über den Marktplatz, die Kapuze ins Gesicht gezogen. Vor mir geht ein Jugendlicher mit schnellen Schritten. Er sieht noch jung aus, 16 vielleicht, hat dunkle Haut, die schwarzen Locken zu kleinen Rasterzöpfen gefilzt. Vielleicht ist er einer dieser unbegleiteten jugendlichen Flüchtlinge, fällt mir ein.
Jetzt weht ein kleiner Blumentopf über den Platz. Es ist ein Plastiktopf, wie man ihn für Setzlinge benötigt, unnütz – Müll eigentlich. Der Jugendliche jagt dem Plastiktopf nach, hält ihn auf und trägt ihn zum Blumenstand zurück. Er steckt ihn zwischen zwei Gestecke, damit er nicht wieder wegwehen kann.
Der Blumenhändler ist in seinem Lieferwagen mit dem Einräumen beschäftigt und nicht zu sehen. So bleibt diese kleine Hilfsbereitschaft unbemerkt.
Aber warum hat er sie trotzdem gemacht? Warum hat er Energie in diesen Blumentopf gesteckt, ist ihm hinterhergejagt, hat sich danach gebückt, hat ihn auch noch zurückgetragen? Wollte er nicht, dass Müll auf dem Marktplatz herumliegt? Wusste er den Topf nicht als Müll einzuschätzen? Wollte er einfach jemanden das zurückgeben, was ihm gehört?
Die kleine Geste rührt mich irgendwie. Ich denke an Schwellenländer, in denen der Müll einen ganz anderen Wert hat. Ich denke daran, dass der Junge so spontan und selbstverständlich handelte. Und ich denke auch daran, dass ich nicht hinter dem Blumentopf hergelaufen wäre. Wie lieb, dass er es getan hat. 

Freitag, 6. Oktober 2017

Die Gothaer Tagespost

 


Es ist auch mal nett, wenn man nicht immer selbst schreiben muss, sondern wenn mal ein anderer etwas über einen schreibt.
Gestern, bevor die Schreibwerkstatt in der Heinrich-Heine-Bibliothek in Gotha begann, kam der Redaktionsleiter der Gothaer Tagespost Wieland Fischer vorbei, um mir einige Fragen über mein Schreiben und über meine Eindrücke von Gotha zu stellen. Aber wie immer, wenn man mit Kollegen zusammensitzt, auch wenn man aus ganz verschiedenen Bereichen kommt, hat die Liebe zum Schreiben sofort etwas Verbindendes, und so hatten wir uns einfach auch so ganz viel zu erzählen.
Die Schreibgruppe, die anschließend kam, war diesmal nur ein kleines Grüppchen, dafür aber umso gemütlicher.




Donnerstag, 5. Oktober 2017

Und noch ein Besuch


 
„Hast du einen großen Koffer dabei? Es ist nämlich einfacher, dich zu Fuß vom Bahnhof abzuholen“, sage ich, als sich meine Freundin Angelika über die Brücken- und Feiertage zu Besuch ankündigt.
„Nur einen kleinen Rollkoffer“, sagt sie.
Dann aber ist der Rollkoffer doch sehr groß, und es kostet verdammt viel Kraft und Mühe, ihn über das Kopfsteinpflaster zu ziehen.

Überhaupt, so toll wie das Pflaster aussieht, es ist leider überhaupt nicht Rollator- und noch weniger Rollstuhltauglich – da ist ein Rollkoffer noch das kleinere Problem. Ich frage mich, wie die vielen alten Menschen in dieser Stadt zurechtkommen. Gehbehindert darf man jedenfalls möglichst nicht werden…

Aber nachdem wir den Riesenkoffer auch noch ins 3. Stockwerk der Stadtschreiberwohnung gehievt haben, kann uns nichts mehr erschüttern.
Leider ist die Stadt am Feiertag ziemlich ausgestorben, aber Angelika bekommt doch einen guten Eindruck von Gotha, besonders vom Schlossgarten und vom Schloss.
Nur der Bahnhof… aber davon wollte ich ja nichts schreiben. Das ist ja ein Dauerbrenner unter den Reisenden.
An dieser Stelle zitiere ich einen Satz des Oberbürgermeisters Kurt Kreuch: „Wenn man den Bahnhof hinter sich gelassen hat, hat man das Schlimmste geschafft!“