Dienstag, 8. Oktober 2013

Campingstudien




Als Schriftsteller ist es legitim, neugierig zu sein, und so betreibe ich auch auf unserem Campingplatz interessante Personenstudien.
Da sind diese Dauercamper, 70+, die den Tag damit verbringen, ihre Wohnwagen zu putzen und ihre Gartenzwerge in Reih und Glied zu stellen. Sie sind schon morgens im Waschraum fröhlich und kommunikativ. In weißer Schießer-Unterwäsche stehen sie da, waschen sich mit einem Waschlappen die Achselhöhlen gründlich und erzählen vom Kaffeetrinken bei Mariechen.
Außerdem sind da die vielen Kinder, die sich trotz unterschiedlicher Altersgruppen zusammengerottet haben. Auf dem Campingplatz haben sie alle Freiheiten der Welt, und so ziehen sie unbeschwert mit Bobbycars, Rädchen, Stöcken und Bällen über den Platz.  Auch behinderte Kinder sind unter ihnen, in einer Selbstverständlichkeit integriert, dass es anrührt.
Und dann ist da noch diese Gruppe „englischer Landarbeiter“, die sich etwas abseits gruppiert hat. Nagelneue Wohnwagen haben sie. Mit ihren Landrovern düsen sie hin und her, seltsame Gestelle auf der Ladefläche. Angeblich arbeiten sie in der Landwirtschaft als Schafscherer.
Ich treffe einige der Kinder auf dem Spielplatz. Sie sind unbeaufsichtigt, obwohl sie noch ziemlich klein sind. Ein kleiner Junge, barfuß und in Tweedweste und Unterhose, fällt einige Male vom Klettergerüst. Er weint nie, rappelt sich schnell wieder auf die kleinen Beinchen und schaut mich überrascht an, als ich ihm helfen will. Ein älteres Mädchen gesellt sich zu mir. Auf meine neugierigen Fragen erzählt mir von ihrer Familie. Sie seien auf Holiday, erklärt sie mir, und Germany gefiele ihr gut. Ihr Vater nehme an einem Schwimmwettbewerb in der Therme mit. Ich weiß, dass sie lügt. Auch die Geschichte über ihre Zwillingsgeschwister glaube ich nicht. Und wenn ich ehrlich bin, glaube ich ihr noch nicht mal ihren Namen. Rhianna. Aber es ist mir egal, wie sie heißt und was ihr Vater macht. Wenn es einfacher für sie ist, mich anzulügen, soll sie das tun.
Eine Weile später tuschelt sie mit ihrer „Schwester“, und dann einigen sie sich darauf, mir eine andere Geschichte zu erzählen. Ob ich wüsste, was ein „Gypsy“ wäre. Sie wären nämlich Gypsys. Ich sage ihnen, ich würde das Wort nicht kennen, und wieder tuscheln die beiden Mädchen verwundert miteinander.  Sie bleiben in meiner Nähe. Eine Zeitlang spielen sie mit Timmy,  bis sie dann irgendwann alle miteinander in die Haare geraten. Und dann bewerfen sie sich gegenseitig mit Sand, bis eine schreiende Mutter sie in die Wohnwagen zieht.
Timmy fand sie aufregend – und mir ging es nicht anders.

Montag, 7. Oktober 2013

Viel passiert




Sarah, die nette Teilnehmerin meines Schreibworkshops an der Offenen Schule Kassel-Waldau hatte mich schon vorgewarnt: Unser gemeinsames Buch ist raus. Und an ihren leuchtenden Augen konnte ich sehen, was für ein tolles Gefühl das ist.
Gemeinsam gingen wir noch mal die Geschichten durch und erinnerten uns an die Entwicklung der Storys. Sarah hatte schon jede Geschichte mit viel Empathie gelesen.
Ich hatte jetzt in meiner Lotte-Wartezeit Gelegenheit dazu, mir all die interessanten Geschichten noch einmal in Ruhe zu Gemüte zu führen.
Danke noch mal an alle Beteiligten. Es war eine gute Zeit.
Und wer sich mal für eine richtig tolle Schule interessiert, sollte unbedingt mal einen Blick auf die Homepage derSchule werfen. By the way, sie hört sich so vielgepriesen an, dabei wirkt sie so selbstverständlich gemütlich und herzlich. 

Freitag, 4. Oktober 2013

Dialog







„Hallo? Kannst du mich …"
Fritsch schschschs kschtkscht
„Siggi? Bist du unterwegs?“
Kschtkscht schscschschscshc
„Siggi?“
„Wollte sagen … kannst du noch …“ kschtschschsch „hallo? Ach Scheiße.“ Kschtschssch pssst
„… in die Tür gerutscht.“
„Was ist in die Tür gerutscht?“
Krrsscht tsssss kschtscht krrr
„Hörst du?“
„Ja, ich kann dich jetzt…“
Krrrscht schst krr
„Scheiße.“
„Was? Erzähl doch. Ich kann dich gut verstehen.“
„Ohrstöpsel .. .“ Krschtschzt „…Kapuze auf…“  Kscht schrkkrrrr
„Was?“
Miepmiepmiep.
Aufgelegt.
Mein Gefühl: Er ist unterwegs zu mir. Die Autobahn ist voll an diesem verlängerten Wochenende. Viele Ganoven auf der A2 unterwegs, mit Ohrstöpseln im Ohr und Kapuze auf.
Er kommt spät. Das Fenster ist ihm in die Tür gerutscht. Hinter Bielefeld schon. Trotzdem ist er weiter gefahren. Kalt war es. Er hat sich den Ohrstöpsel seiner Freisprechanlage ins Ohr geschoben. Die Kapuze seines Sweatshirts aufgesetzt. Sonst hätte er sich bestimmt  eine Mittelohrentzündung geholt…
Ach so. Alles klar. Sag ich doch. Fast.

Mittwoch, 2. Oktober 2013

Leserunde bei Lovelybooks






Kennt ihr die Leseplattform Lovelybooks? Ich hatte sie eine ganze Weile ignoriert, weil sie mir so unübersichtlich erschien. Mittlerweile hat sie sich aber neu strukturiert und ist eine interessante Vermittlerin zwischen Lesern und Autoren.  Man kann hier neue Bücher vorstellen, man kann Leserunden starten, man kann Livestreamlesungen veranstalten und man bekommt jede Menge Lesetipps.
So beschloss auch ich, zu einer Leserunde einzuladen. 20 Bücher hatte mir der Carlsen-Verlag zur Verfügung gestellt, die ich Lesern anbieten konnte. Es bewarben sich viele Leser auf die Freiexemplare, und als sich der Bewerbungstermin dem Ende neigte, und ich endlich mal wieder gesichertes Internet hatte, begann ich mit der Verlosung der ersten Bücher. Ups, das hätte ich besser nicht machen sollen. Denn nun entstand ein riesiges Chaos, verwirrte Nachfragen. Ein Streit entbrannte, um den mich Boris Becker vielleicht beneidet hätte, aber bei mir verursachte er einige graue Haare mehr.
Was bleibt nach so einem Chaos? Man gewinnt Freunde und Feinde, und zu ersteren habe ich einen lieben Mailkontakt bekommen.
Aber das war erst der Anfang – die Leserunde kommt ja erst noch…
Wer noch mitlesen möchte, ist gerne eingeladen.