Montag, 21. September 2015

Manuelles Schreiben


Am Wochenende in einem Niederländischkurs der VHS mache ich eine unheimliche Entdeckung. Ich kann nicht mehr schreiben. Zäh und mühsam fügen sich die Buchstaben aneinander, meine Schrift wirkt zittrig und ungelenk. Ich will ein j schreiben und schreibe ein g, ich will "vrouw" schreiben und lasse das u weg. Ich weiß gar nicht mehr genau, wie man das I schreibt, wähle schließlich den Druckbuchstaben. 
Irgendwie ist mir das unheimlich. Krankheiten fallen mir ein, bei denen man als erstes das Schreiben verlernt. Ist es jetzt soweit? Habe ich Alzheimer? Eine beginnende Form von Parkinson?
„Ich kann gar nicht mehr mit der Hand schreiben“, flüstert mir meine Nachbarin zu. „Ich schreibe immer so viel am Computer.“
„Geht mir genauso“, murmele ich, und es fällt mir ein Stein vom Herzen.
Ich überlege, wann ich zum letzten Mal etwas Längeres mit der Hand geschrieben habe. Ein Brief an meine Tante fällt mir ein, und auch dabei war mir das Schreiben  schwer gefallen. Im Gegensatz dazu hat sich die Geschwindigkeit, mit der ich in die Tastatur haue, sicherlich verdoppelt. Aber dieses Schreiben scheint irgendwelche völlig anderen Gehirnsynapsen zu beanspruchen.

Das will und muss ich unbedingt wieder ändern. Ich werde mir endlich wieder neue Patronen für meinen Füller kaufen, und dann schreibe ich jeden Tag ein Gedicht … so mein guter neuer Vorsatz für die nächsten Wochen. Und bitte erinnert mich von Zeit zu Zeit daran. 

Donnerstag, 17. September 2015

Der Tod einer Lieblingsjeans


Wisst ihr noch, damals in den 70gern? Diese Frage ist natürlich nur an die Älteren unter euch gerichtet. Damals trug man Jeans, wie heute – wie immer. Sie mussten hell und abgewetzt sein, sonst galt man unter seinen Freunden als spießig und kapitalistisch. Das Problem war nur, dass man nicht, wie heutzutage eine abgewetzte und durchlöcherte Jeans kaufen konnte. Diesen Zustand musste man sich erst mühsam erarbeiten.
Wenn es also irgendwann mal wieder dran war, dass die absolute Lieblingsjeans auseinanderfiel (das kam alle 5 Jahre vor), musste man sie erst mühsam mit Scheuerpulver bearbeiten, bevor man sich mit diesem noch ziemlich dunkelblauen Ding zur Schule traute. Und dann zog man diese Jeans erst wieder aus, wenn sie auseinander fiel. Okay, es gab noch das Problem, dass man sie hin und wieder waschen musste, aber dann hockte man ziemlich nackig vor der Waschmaschine und wartete ungeduldig. Da sie nie so wirklich trocken war, wurde sie geföhnt und zuletzt etwas feucht übergestreift, damit man nicht mit der Ersatzhose los musste.
Meine Jeans hatten meistens Namen. Besonders gut erinnere ich mich an Billy. Das Modell klebte mir so eng an den Beinen, dass ich nur mit ausgestreckten Beinen am Schreibtisch sitzen konnte.
Was habe ich gelitten, als Billy so langsam das Zeitliche segnete. Erst kriegte sie einen Flicken auf dem Knie, dann einen auf dem Hinterteil … und als sie schließlich quer über dem Hintern einriss, wurde mir schmerzhaft bewusst, dass ich den Kampf gegen den Zerfall verlieren würde.
Das fiel mir heute ein, als meine absolute Lieblingsjeans das zweite Loch vorwies. Meine Jeans haben zwar keine Namen mehr, und ich habe auch mehr als eine, aber eine Lieblingsjeans habe ich immer noch. Wenn die endgültig ihren Geist aufgibt, ist mir schon etwas schwer ums Herz. Meist ist bei ihr dann auch so ein Zustand erreicht, dass ich sie noch nicht mal mehr in den Altkleidercontainer werfen mag. Aber sie in den Müll zu schmeißen, bringe ich erst recht nicht übers Herz. Vielleicht kriegt sie eine Zeitlang einen Ehrenplatz in meinem Kleiderschrank – für schlechte Zeiten… 

Dienstag, 8. September 2015

Elf Jahre KLAR



Vor elf Jahren ist die Reihe KLAR beim Verlag an der Ruhr entstanden, zu der ich mit meiner Idee, Bücher für schlecht lesende Jugendliche zu schreiben, den Anstoß gab. Viele Jahre sind seitdem ins Land gegangen, und aus den ersten vorsichtigen Ideen ist eine tolle Reihe geworden.
Im Gegensatz zu dem Kinderbuchmarkt, der seine Bücher immer schneller verramscht, haben sich viele Bücher auch nach dieser langen Zeit immer noch auf dem Lektürenmarkt gehalten. Einige haben sich sogar zu richtigen Klassikern entwickelt. Dazu gehört vor allem mein Buch „Im Chat war er noch so süß“. Auch wenn sich die Art und Weise, in der Kontakte im Netzt geknüpft werden, längst verändert hat, hat das Buch in der eigentlichen Thematik nicht an Aktualität verloren. 





Donnerstag, 3. September 2015

Schreibwerkstätten des Friedrich-Bödecker-Kreises


In dieser Woche erreichte mich eine Mail des Friedrich-Bödecker-Kreises, die ich gerne für interessierte Schulen weiterleiten möchte:
2015 bezuschusst der Friedrich-Bödecker-Kreis NRW in besonderem Maße Schreibwerkstätten an Schulen und in anderen Institutionen. Die Schreibwerkstatttage werden in diesem Falle stärker als für gewöhnlich bezuschusst und sollen insbesondere dort durchgeführt werden, wo Jugendliche mit Bildungsbenachteiligungen verstärkt erreicht werden.
Beantragt werden kann die Bezuschussung eines einzigen oder auch mehrerer Schreibwerkstatttage. Dabei werden zwei Werkstatttage empfohlen, aber auch einzelne Tage ins möglich.
Die Schule führt dabei 200,- € an den Friedrich-Bödecker-Kreis ab, der FBK übernimmt dann die weitere Honorierung des Autors.
Wer an einem Schreibworkshop interessiert ist, sende bitte eine Mail an den Friedrich-Bödecker-Kreis. Eine Auswahl an Texten soll für einen Schülerblog zur Verfügung stehen.

Dienstag, 1. September 2015

Willkommen kleiner Jonte


Nun habe ich ihn also kennen gelernt, den kleinen neuen Erdenbürger Jonte Wilhelm. Total süß sah er aus. Ich habe ihn vorsichtig gestreichelt, dieses kleine Gesicht und diese grumpeligen Finger mit schon recht langen Fingernägeln. Jonte schlief den Schlaf der Seligen, mit übereinander gefalteten Ärmchen, das Gesicht noch ein wenig kummervoll zusammen gezogen. Hin und wieder ein tiefer Seufzer. Er hatte ein paar schwere Stunden hinter sich. Auch seinen Eltern sah man die anstrengende Geburt noch an, und doch lag über ihren blassen Gesichtern ein Leuchten.  
Wie schön sich die Krankenhäuser verändert haben. Die Eltern durften gemeinsam im Elternzimmer schlafen, das Kind in ihrer Mitte. Das Zimmer war groß, mit geräumigem Wickeltisch und einem ungewöhnlichen schönen Stubenwagen. Wie gut, dass sich die Zeiten ändern.
Nun bin ich dreifache Omi!    

Sonntag, 30. August 2015

We proudly present: Jonte Wilhelm



Unsere Familie ist um ein Menschlein reicher geworden. Gestern Mittag um 13.30 Uhr erblickte Jonte Wilhelm das Licht der Welt. Er hat lange auf sich warten lassen und unsere und vor allem die Nerven seiner Eltern dadurch ganz schön strapaziert. Nun ist er endlich da, und wir sind total glücklich.
Jonte Wilhelm ist das erste Kind meines jüngsten Sohnes Benny und seiner Frau Sabrina.
Seinen Namen verdankt er sicherlich der Liebe seiner Eltern zu Schweden, zu Astrid Lindgren und zu Kalle Blomquist, denn in diesem Buch (das übrigens auch zu den Lieblingsbüchern meiner Kindheit gehörte) ist Jonte einer der Jungen, die dem Geheimbund der Roten Rosen angehören.
Wilhelm ist der Name meines Vaters. Er wird besonders überrascht und gerührt sein, wenn er erfährt, dass sein Name weiter gegeben wurde.
Noch habe ich das kleine neugeborene Mäuschen nicht persönlich kennen gelernt. Die Geburt war anstrengend, und ich will die Familie nicht gleich überfordern. Aber morgen werden wir uns begegnen – und darauf freue ich mich total. 

Donnerstag, 27. August 2015

Geheimnisvolles Päckchen


„Ich habe hier ein Päckchen für Sie. Es hat noch Ihre alte Anschrift – und die Hausnummer stimmt nicht“, sagt die freundliche Postbotin. 
Ich bin etwas irritiert. Warum sollte ich es nicht annehmen?
„Es hat keinen Absender“, sagt sie.
Keinen Absender und so ein riesiges Ding. Ich bin neugierig und auch ein bisschen ängstlich. Als Autorin denkt man ja schnell an Briefbomben.
Ich unterschreibe den Empfang. Das Päckchen ist erstaunlich leicht.
Vorsichtig trage ich es in die Küche und schneide die Klebestreifen auf. Es knallt und zischt nicht. Die Küche steht noch und mein Kopf sitzt auch noch da, wo er vorher war. Keine abgerissenen Gliedmaße, kein Blutbad, alles gut!
Vorsichtig schaue ich in das Paket? 



Was ist das? Ein Plakat?
Ich öffne das Gummibändchen.
Och Manno – ein Schuljahreskalender … von der Initiative Schule ohne Rassismus. Keine Frage eine nette Idee – aber so viel Aufwand? 





Dienstag, 25. August 2015

Wieder da


Wieder da und doch noch nicht so richtig. Noch hänge ich in der Luft zwischen dem vielen Neuen, das ich in den letzten zwei Monaten erlebt habe und dem Vertrauten. Es war eine gute Zeit dort auf dem Campingplatz im Spreewald. Ich habe Brötchen, Zeitungen und Eis verkauft, habe Gäste ein- und ausgecheckt, die Enkel gehütet und Menschen mit dem Shuttleservice durch die Gegend gefahren.
Der Sommer war heiß. In der Rezeption lief mir oft der Schweiß – nicht nur von der Hitze, auch von dem Stress der ungewohnten Arbeit. Ich bin nicht besonders multitaskingfähig. Wenn ein Gast anreiste, ein Kind den Einkauf seiner Gummischlangen abwägte und das Telefon klingelte, musste ich mich bemühen, die Ruhe zu behalten. Aber jeder wächst mit seiner Aufgabe – und nach vier Wochen war ich einigermaßen fit.
Nebenbei lief natürlich auch mein Schreiballtag weiter. Morgens und abends hatte ich oft noch an Manuskripten zu arbeiten.
Urlaub sieht anders aus.
Und trotzdem bin ich gut erholt. Es tut gut, mal etwas anderes zu machen.
Eine Zeitlang dachte ich auch, ich kann auch gut dort leben, zwischen den Mohn- und Sonnenblumen in diesem kleinen Dorf in Brandenburg. 
Doch als ich am Sonntag wieder die vertraute Autobahnabfahrt nach Hause nahm, hatte ich doch dieses gute Gefühl von Heimat. Selbst der ostwestfälische Nieselregen war vertraut.




Nun sitze ich wieder an meinem großen Schreibtisch, überwältigt von diesen drei riesigen Monitoren, die so ganz andere Dimensionen haben, als mein Laptop im Wohnwagen.
Jetzt läuft das übliche Heimkehrprogramm – Wäsche waschen, Pflanzen zurück schneiden, Rasen mähen, Staubwischen.
Und Donnerstag ist schon die erste Lesung.
Aber ich bin zurück – und würde mich freuen, wieder ein paar Leser begrüßen zu können. 


Montag, 29. Juni 2015

Sommerferien


So, meine Lieben, jetzt verabschiede ich mich erst mal von euch und gehe in die Sommerferien. So richtige Ferien sind es ja nicht für mich. Ich arbeite als Saisonkraft auf unserem Campingplatz, mache den Bürokram in der Rezeption, verkaufe Brötchen, hüte Kinder, kaufe ein – ach ja, und das Schreiben begleitet mich ja auch immer.
Wenn ihr Sehnsucht nach mir bekommt, schaut einfach auf diesem Blog nach. Da bin ich bis Ende August vertreten.
Liebe Grüße, erholt euch gut. Und hoffentlich bis bald.


Mittwoch, 24. Juni 2015

Lesereise vor den Sommerferien


Nun grüße ich euch aus dem Thüringer Wald. Meine letzte Lesereise geht wieder mal nach Crawinkel, Wölfis, Gräfenroda und Ohrdruf. Vielleicht hören sich diese Orte für euch so an wie böhmische Dörfchen. So ging es mir jedenfalls, als ich das erste Mal hier war. Mittlerweile aber kenne ich die Gegend richtig gut und freue mich darauf, all die lieben Menschen, die ich hier kennen gelernt habe, wieder zu treffen.
Beate Lasse, mittlerweile Schulleiterin der Grundschule Gräfenroda, betreut mich immer liebevoll auf der Reise. Sie war es auch, die darauf bestand, dass ich mal im Sommer kommen sollte. Das war erst ein makabrer Scherz, denn ich glaube, im letzten November war es wärmer als jetzt. Aber heute gab sich die Sonne wirklich Mühe. Und es soll ja auch angeblich jetzt der große Sommerdurchbruch kommen.
Heute hatte ich noch ein witziges Erlebnis. Eine Schule ließ mich bis jetzt in jedem Jahr vom Hausmeister abholen, (weil der immer so einen schicken Wagen hat).  Der führte mich dann durch den Kellereingang in die Schule. Weil aber auch die Lesung in einem Kellerraum stattfand, hatte ich immer den Eindruck von einer eher dunklen und düsteren Schule. Heute war ich selbst mit dem Auto gefahren und ging über einen wunderschönen Schulhof in ein helles farbenfrohes Schulgebäude. Auch die Lesung diesmal in der Bücherei statt – einem schönen orange gestrichenen Raum. So ändern sich die Eindrücke!

Nach der Lesung in Gräfenroda gab es einen Gartenzwerg. Die Gartenzwerge, so erfuhr ich, wurden hier erfunden. Das hat mich echt verblüfft, habe ich doch gedacht, die hätte es immer schon gegeben. Sie haben mich jedenfalls schon zu einigen Geschichten inspiriert. Dieser hier wird einen Ehrenplatz auf meinem Schreibtisch bekommen.