Samstag, 9. November 2019

30 Jahre Mauerfall



Wie haben Sie den Fall der Mauer erlebt? Diese Frage wird im Moment oft in den Medien gestellt. Zeitzeugen erinnern sich in Ausstellungen und Talkshows.
Ich komme als Zeitzeuge nicht in Frage. Den Mauerfall erlebte ich zwischen Bügelwäsche und Windelbergen vor dem Fernseher, blickte fassungslos auf Momente, in denen sich Menschen die Hände durch den Stacheldraht reichten oder auf der Mauer tanzten. Es war für alle ein unglaublicher schwindelerregender Moment.
Persönlich war ich gerade in einer völlig anderen Phase. Meine Mutter war ein halbes Jahr vorher plötzlich und unerwartet gestorben, und sie fehlte mir so. Unser drittes Kind war geboren, war sehr krank und musste mehrfach operiert werden. Mein Tag war voller Sorgen und übervoll mit Arbeit. Diese großen Gefühle nach Freiheit und Freude in Ost und West standen im großen Kontrast zu meiner persönlichen Befindlichkeit. Meine Welt war klein geworden, beschränkte sich auf das Haus, die Schule und den Wohnort.
So wurde auch für mich dieser Moment der Grenzöffnung erst viel später persönlich bedeutsam.
Mittlerweile pendele ich seit einigen Jahren regelmäßig zwischen West und Ost hin und her. Immer aber wird in Helmstedt die Grenze bewusst,  die unser Land so lange Zeit in zwei Teile teilte.   

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