"Mein Telefon geht nicht mehr", berichtet meine Tante Hanna ratlos. Sie hätte einen Brief bekommen, dass irgendwas mit ihrem Receiver umgestellt wird. Sie hat das nicht verstanden, hat dann aber beschlossen, sich einen ganz neuen Fernseher zu kaufen, mit eingebautem Receiver. Den alten hat sie dem Fernsehtechniker mitgegeben.
Dass Tante Hanna weiß, was ein Receiver ist, beeindruckt mich. Tante Hanna lebt glücklich und zufrieden zwischen Pflanzen und Büchern, nur die Nachrichten verfolgt sie am Fernsehen.
Das Telefon war immer schon da, damals, als es noch von der Post angebracht wurde.
„Brauche ich denn einen Receiver für mein Telefon?“, will sie wissen.
Aber so ganz genau weiß ich es auch nicht.
Sie zeigt mir einen Brief von Unity-Media, der zwei Seiten lang ist.
"Geben Sie ihre Log-in-Daten ein", steht darauf. Dann folgt ein Password und eine lange Nummer.
Dieser Brief in Tante Hannas Wohnzimmer erscheint mir so unpassend wie ein Weihnachtsmann mit Esel im Mediamarkt. Hier prallen zwei Welten aufeinander, die überhaupt keine Schnittstelle haben. Denn natürlich hat Tante Hanna kein Internet, sie bringt ja noch nicht mal einen CD-Recorder zum Laufen.
Mit meinem Handy versuche ich, bei Unity Media anzurufen. Nach einer Warteschleife ein Automat: „Was ist ihr Problem?“, fragt er mich. „Wollen Sie einen neuen Anschluss, wählen Sie die 1, haben Sie ein technisches Problem, wählen sie die 2…“
Ich entscheide für „Technisches Problem“ und wähle die 2.
„Geben Sie Ihre Personalnummer ein“, fordert der Automat. Ich finde die Nummer auf dem Brief und tippe sie in mein Handy.
„Um welches technische Problem handelt es sich?“, fragt mich der Automat. „Handelt es sich um ein Problem mit der Fritzbox, dann wählen sie die 1, haben Sie ein Problem mit der SD-Karte, wählen Sie die 2, haben Sie…“
Hilfe! Ich weiß ja selbst nicht, welches Problem ich habe. Denn wenn ich ehrlich bin, bin ich auch total hilflos, wenn das Telefon nicht funktioniert. Ich wüsste noch nicht mal, welchen Anbieter wir haben.
Tante Hanna winkt ab. Dann ist sie eben mal nicht erreichbar. Auch nicht schlimm. Und in den nächsten Tagen will sie ihren Großneffen fragen. Der kennt sich aus.
Nur mir wird plötzlich bewusst, wie hilflos ich selbst bin. Wenn man so viel Spezialwissen braucht, um Hilfe zu bekommen, sollte ich vielleicht mal damit anfangen, Brieftauben zu züchten. Das ist wahrscheinlich die einfachere Lösung...
Ein wunderbar anschauliches Beispiel für unsere technologische "Zuvilisation".
AntwortenLöschenDa sehe ich mich, wie ich damals unter dem Computertisch zwschen den Kabeln herumkroch, mit dem Telefon am Ohr, nur um WLAN einzurichten ...
AntwortenLöschenIch glaube, wenn mein altes schnurloses Telefon mal kaputt ist, bin ich aufgeschmissen! Heutzutage schalten sie einem ja sogar das Handy ab, wenn man nicht genug telefoniert und behalten dann das Restguthaben ein.Darüber sollte ich auch mal einen Artikel verfassen.
Grüße
Christa