Montag, 20. Februar 2017

Stummfilm mit Stimme

 

Wenn ein Freundeskreis der Stadtbibliothek bereits nach fünf Jahren das 100. Mitglied vorweisen kann, zeigt das auf alle Fälle eins: Dass hier eine verdammt gute Vereinsarbeit geleistet wird! Und man merkte es schon, als man in den Vorraum der Stadtbibliothek kam. Leckerer selbstgebackener Kuchen, Kaffee und Tee, dazu ganz persönliche und freundliche Begrüßungen erwarteten die Gäste.
Der Freundeskreis der Stadtbibliothek Gotha hatte zu einer ungewöhnlichen Veranstaltung eingeladen: „Sherlock Holmes, die Stimme des Stummfilms“ hieß sie. Ich gebe zu, ich habe mich nie wirklich für Stummfilme interessiert, und ob ich jemals einen Sherlock-Holmes- oder einen Buster-Keaton-Film gesehen habe, weiß ich beim besten Willen nicht mehr. Wenn, dann hat er mich nicht besonders beeindruckt.
Diese Veranstaltung aber zog mich vom ersten Augenblick in den Bann – sie war einfach so schräg und komisch, so gut gespielt und so witzig gereimt, dass ich mit den zahlreich erschienenen Zuschauern mitgerissen wurde.
Ralph Turnheim hatte sich seine Kunst selbst erschaffen. Er bezeichnet sich als „der erste Stummfilm-Lyriker Deutschlands“. Ganz im Gegensatz zum Stummfilm, der ohne Sprache, allerhöchstens mit Klaviermusik auskam, entwickelte er für den Film eine ganze eigene Lyrik, die einmal gut gereimt war, zum anderen haargenau in die Szene des Stummfilms passte. Dabei wechselte er die Stimmlagen, gab jedem Schauspieler einen eigenen Charakter und machte aus dem Stummfilm eine ganz eigene, total schräge und komische Performance.
Ralph Turnheim ist Wiener, und er kommt ursprünglich vom Schauspiel. Bei dieser Leinwand-Lyrik benötigt er besonders viel Zeit zum Schreiben seiner Texte, dann aber bedarf es auch eines langen Übungsprozesses, damit die Szenen mit der Lyrik, ja sogar mit den Seufzern oder Lachern auf dem Bildschirm übereinstimmten.
In der Fragerunde erwies sich Turnheim auch als Experte des Stummfilms. Er besaß ein großes Backrundwissen, das er uns nicht vorenthielt, und das total interessant war.
Eins hat er auf alle Fälle für mich erreicht: Ich werde mich von nun an immer an Sherlock Holmes erinnern!     
 


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